13.08.2008

Autor*in

Jean-Daniel von Lerber
Christen auf der Bühne

Kulturmanagement mit religiöser Botschaft

Darf ich Sie zu einem kleinen "Selbsttest" einladen? - Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie den Titel dieses Artikels lasen? Sind Christen bei Ihnen positiv oder negativ belegt? Ist Ihnen ein professionelles Kulturmanagement im Zusammenhang mit Religion suspekt? Denken Sie an künstlerisches Niveau oder an plakative und propagandistische Veranstaltungen? Sind Sie der Meinung, dass sich Religion und Kultur vertragen wie Feuer und Wasser? - Willkommen im Alltag einer Agentur, die sich mit diesen Themen immer neu auseinandersetzt.
1977 organisierte ich mein erstes Konzert im Zürcher Volkshaus mit Larry Norman, einem US Singer und Songwriter, der im Februar dieses Jahres knapp 61-jährig gestorben ist. Der eigenwillige Musiker verweigerte damals seiner Plattenfirma Columbia die Unterschrift unter einen Major Vertrag, weil sie ihm inhaltliche Vorschriften machen wollte. Er blieb ein Querschläger bis zum Schluss, doch in einem blieb er sich treu: Immer lud er seine Zuhörer ein, sich über Gott und seinen Stellenwert in der Gesellschaft und im eigenen Leben Gedanken zu machen. Seine Songs stießen weit über die Staaten hinaus auf Beachtung. Kenner verglichen ihn mit Paul Simon oder Bob Dylan doch zum großen Durchbruch kam es nie.
 
Vor 30 Jahren, damals selber Musiker, entschloss ich mich, für Künstler mit einem Format wie Larry Norman, eine Agentur zu starten. Hochkarätige Profis, die aufgrund ihrer Überzeugungen vom Kulturbetrieb "geschnitten" wurden und deren Fähigkeiten selten angemessen gewürdigt wurden, sollten eine Plattform erhalten. Immer wieder machte ich die Erfahrung, dass die Medien lieber über den weltanschaulichen Aspekt berichteten, anstatt sich mit der künstlerischen Leistung auseinanderzusetzen. Mittlerweile hat Profile Productions einige tausend Veranstaltungen in ganz Europa mit Musikern, Schauspielern und bildenden Künstlern auf die Beine gestellt, schwerpunktmässig in Deutschland und in der Schweiz.
 
Interessant ist, dass im Kulturbetrieb immer wieder von unerwarteter Seite religiöse Themen portiert werden. Sie erinnern sich vielleicht an das Musical "Godspell". Erfolgreicher war "Jesus Christ Superstar" von Andrew Lloyd Webber & Tim Rice, und Hanns Dieter Hüsch hat mit seinem Programm "Meine Bibel" Triumphe gefeiert, und dies vorwiegend in Theatern und nicht in Kirchen. Xavier Naidoos CDs sind Bestseller, trotz teilweise schwer verständlicher apokalyptischer Texte aus der Bibel (ein Beispiel: "Alles für den Herrn"). Ben Becker veröffentlichte 2007 eine CD, auf der er aus der Bibel liest, untermalt von Kompositionen von Ulrich Spies und interpretiert vom Babelsberger Filmorchester. Demnächst geht er mit diesem Großprojekt auf Tournee. U2-Leadsänger Bono kämpft gegen Armut und Ungerechtigkeit, und macht in Interviews und Talkshows keinen Hehl aus seiner christlichen Motivation, die dahinter steckt. Scheinbar werden biblische Referenzen vorurteilsloser aufgenommen, wenn sie von etablierten Künstlern stammen. Die Tendenz, ihnen einen religiösen Stempel aufzudrücken, ist allerdings groß. Trotz weltanschaulicher Grundausrichtung ist das Spektrum unserer Agenturarbeit breit. Wir promoten Musiker, Bands, Schauspieler, Comedy Formationen und Mimen. Im Laufe der Jahre haben wir auch einen Kunstband für den Schwedischen Maler Janeric Johansson realisiert. Profile Productions ist Mitglied des chcm - Schweizerischer Verband der Kulturmanager. Für die Auswahl unserer Künstler richten wir uns nach den gleichen Kriterien wie jeder andere Kulturmanager auch: Kreativität, Qualität, Charisma und kommunikative Stärke. Wichtig ist uns dabei, künstlerische Qualität nie der Weltanschauung zu opfern. Das führt manchmal zu Diskussionen. Mal mit dem Auftraggeber mal mit dem Künstler.
 
Wie sieht denn nun die gelungene Form aus, seine christliche Überzeugung mit einem hohen künstlerischen Anspruch zu kombinieren? Ein vorbildliches Beispiel engagierter Kultur mit christlichen Werten ist für mich der Pantomime Carlos Martínez. Für seine ausgefallene Bearbeitung biblischer Geschichten im Programm "My Bible" erhielt er 2002 den Preis der deutschen Stiftung Bibel & Kultur. Zwei Jahre später setzte er sich am Portugiesischen Theaterfestival Almada gegen eine internationale Konkurrenz der freien Theaterszene durch und gewann den Publikumspreis für sein humoristisches Programm "Hand Made" mit Alltagsszenen. Gesellschaftlich engagiert sich der Mime mit dem Programm "Human Rights", das er in vielen europäischen Ländern unter anderem in Partnerschaft mit Amnesty International zeigte. Ein Höhepunkt war der Auftritt anlässlich der Internationalen Menschenrechtspreisverleihung 2006 im Deutschen Theater Berlin, vor illustren Gästen wie zum Beispiel Bundespräsident Horst Köhler. Carlos Martínez setzt höchste Ansprüche an seine Fertigkeiten, erforscht immer neue Facetten seiner Kunst und fördert junge Talente, indem er seine Erfahrung in Meisterkursen an renommierten Mimen- und Theaterschulen oder in seinen eigenen Lehrgängen weitergibt. In den letzten Jahren hat er sich auch an Kommunikationsseminare für Manager herangewagt mit dem ihm eigenen Humor, seiner Lebensweisheit und einer jahrzehntelangen Bühnenpräsenz. Bühnenkunst, christlicher Glaube, der Austausch mit Menschen unterschiedlichster Herkunft und gesellschaftliches Engagement sind bei ihm zu einem Ganzen zusammengewachsen und machen ihn zu einem gereiften und glaubwürdigen Künstler, der weit über das christliche Umfeld hinaus etwas zu sagen hat. Im Umgang mit kirchlichen Institutionen unterschiedlicher Prägung ist es nicht immer einfach, die Linie zwischen professionellem Kulturschaffen und christlichem Engagement verständlich zu machen. Wenn eine Kirchgemeinde für ihre Osterfeier Musiker oder Schauspieler sucht, reichen die Budgets für professionelle Künstler oft nicht aus, denn solche Veranstaltungen werden meist mit freiem Eintritt angeboten, oder es handelt sich um Gottesdienste. Hin und wieder verzichten Künstler für solche Projekte auf ihre Honorarforderung. Für Berufskünstler, die davon leben müssen, bleiben es die Ausnahmen. Sie freuen sich über Gemeinden, die ein jährliches Kulturbudget für spezielle Anlässe einplanen, so dass da und dort kulturelle Höhepunkte möglich sind.
 
Unter diesen Rahmenbedingungen hat sich eine eigene Szene mit Amateuren und Halbprofis herangebildet Musiker, Tänzer und Schauspieler die sich regional für kirchliche Anlässe einsetzen. Diese Gruppe von Künstlern verzichtet in der Regal auf die Vermittlung durch Agenturen. Doch der Wunsch nach Kulturmanagement hat bei jenen Künstlern zugenommen, die sich laufend weitergebildet haben und mittlerweile professionelles Niveau erreicht haben. Sie würden gerne mehr Auftritte bestreiten. Schon Mitte der Achtziger Jahre haben wir für sie in der Schweiz das Handbuch "Christen auf der Bühne" lanciert, eine Übersicht über die Szene mit Porträts der einzelnen Formationen. Viele Veranstalter arbeiten damit. Seit 2008 existieren die Porträts nur noch in elektronischer Form (www.artsplus.ch).
 
Ein knapper Überblick über die CCA-Szene (CCA = Contemporary Christian Art) Die USA kennt eine solche Szene seit vielen Jahren und hat sie auch kommerziell vorangebracht. Große Labels, eigene TV- und Radio Stationen und ganze Verkaufsketten haben diesen Markt zu einem wichtigen Faktor werden lassen. Die jährliche Verleihung der Dove Awards das christliche Pendent zu den Grammys bilden dort einen Höhepunkt. (www.doveawards.com)
 
In Deutschland und in der Schweiz gibt es ebenfalls verschiedene Preise, die christliches Kulturschaffen auszeichnen:
 
In der Schweiz verleiht die Vereinigung Arts+ den "Prix Plus" für herausragende Leistungen in verschiedenen Disziplinen, in Deutschland verleiht der Verein Promikon die "David Awards" (kombiniert mit einer Künstlerbörse) mit Auszeichnungen für diverse Kategorien: Newcomer, beste Band etc. (s. www.promikon.de), und die deutschen Bibelgesellschaften honorieren mit dem Preis "Bibel und Kultur" besondere Verdienste im Fördern und Verständlichmachen biblischer Inhalte (www.bibelundkultur.de).
 
Es gibt einige hundert Formationen in Deutschland und der Schweiz, die einen Schwerpunkt auf den christlichen Aspekt legen, darunter Gospelchöre, Bands, Solisten aber auch Theaterleute, Produzenten und auch Filmemacher. Die Sendungen "Fenster zum Sonntag" und "ERF Talk" (auf SF2, Schweiz) oder etwa Bibel.tv senden professionell aufgearbeitete Berichte. Verschiedene Musiklabels und Vertriebe nehmen sich der Sparte an: Gerth Medien, Asaph, Kir Music, um nur einige zu nennen.
 
Auch gibt es diverse Vereinigungen und Zusammenschlüsse. Crescendo (Vereinigung klassischer Musiker), Soul Works Foundation (Verband und Werkstadt bildender Künstler), das RAD e. V. (die Gemeinschaft künstlerisch arbeitender Christen)oder ARTS+ (Arbeitsgemeinschaft christlicher Verbände, Kunstschaffender und Agenturen).
 

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