03.06.2011
Kulturloge

Mehr als armen Leuten eine Theaterkarte schenken!

Wie das Prinzip der Lebensmitteltafeln auch für Kultur funktioniert. Ergebnisse einer Evaluation der Kulturloge Berlin durch das Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim unter Leitung von Prof. Dr. Birgit Mandel und Thomas Renz.
 
Die Kulturloge Berlin, der größte Träger einer bundesweiten ehrenamtlichen Initiative, bietet Personen mit geringem Einkommen kostenlose Eintrittskarten für ein breites Spektrum von Kultureinrichtungen. Das Ziel der Kulturloge, die kulturelle Teilhabe von bisher eher kulturfernen Personen zu fördern, wird weitgehend erreicht, so ein zentrales Ergebnis der Studie. Die Kulturloge leistet damit einen Beitrag dazu, Kunst und Kultur über eine kleine bildungsbürgerliche Elite hinaus mehr Aufmerksamkeit in der breiteren Bevölkerung zu geben. Dies gelingt vor allem dadurch, dass die Karten persönlich durch ein Team von engagierten, kulturbegeisterten Ehrenamtlichen vermittelt werden.
 
Aktuell stellen 70 Berliner Institutionen unterschiedlicher kultureller Sparten von Kindertheater über Comedy bis zu klassischen Musikkonzerten der Kulturloge ca. 1200 Karten pro Monat zur Verfügung. Nach dem Prinzip der Lebensmittel-Tafeln werden die Karten für kulturelle Veranstaltungen, die nicht verkauft werden können, von zur Zeit 56 ehrenamtlichen Vermittlern telefonisch vergeben. Der Kontakt zu den Interessenten wird aufgebaut v. a. über die Lebensmittelausgabestellen der Berliner Tafel sowie Initiativen weiterer Sozialeinrichtungen. Jeden Monat können ca. 3 neue Kultureinrichtungen dazu gewonnen werden. Auf diese Weise können jeden Monat bis zu 200 neue Interessenten als "Gäste" der Kulturloge registriert werden.
 
Für die Studie wurden Anfang 2011 die bisher registrierten Gäste der Kulturloge mit Hilfe eines online-basierten standardisierten Fragebogens ausführlich befragt. Die Teilnehmerquote lag bei 20%, was für schriftliche Befragungen zufriedenstellend ist und repräsentative Aussagen erlaubt. Darüber hinaus wurden qualitative Interviews mit den Vermittlerinnen und Organisatoren der Kulturloge Berlin durchgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse:
 
Die Kulturloge ist ein Instrument, um Menschen, die sonst nicht für Kunst und Kultur erreichbar sind, erfolgreich zum Besuch von Kulturveranstaltungen zu motivieren.
 
56% der Gäste der Kulturloge haben in den letzten 12 Monaten vor dem Angebot durch die Kulturloge so gut wie keine Kulturveranstaltungen besucht. 63% geben an, dass sie, angeregt durch das Angebot der Kulturloge, mehr Kulturveranstaltungen als vorher besucht haben. 95% der Gäste fühlten sich nach dem Besuch der Veranstaltungen persönlich bereichert.
 
Die Kulturloge erreicht neue, bislang nicht kunstaffine Zielgruppen
 
Die Mehrheit der einkommensschwachen Gäste ist derzeit arbeitslos oder in Rente. Mitnahmeeffekte durch andere Gruppen wie Studenten sind zu vernachlässigen. Das Bildungsniveau der Gäste ist im Vergleich zur Gruppe der Geringverdiener in der Gesellschaft erstaunlich hoch: 45% der Gäste haben Abitur oder einen Hochschulabschluss, 44 % einen mittleren Schulabschluss bzw. eine Berufsausbildung und knapp 10 % einen Hauptschulabschluss bzw. sind ohne Schulabschluss, was darauf hin weist, dass auch hier die Erkenntnis vorangegangener Besucherstudien, die Bildung als wichtigsten Einflussfaktor für kulturelles Interesse zeigen, bestätigt wird.
 
Der Wunsch nach mehr sozialer und kultureller Teilhabe ist ein zentrales Motiv der Gäste der Kulturloge
 
Deshalb wird die Möglichkeit hoch geschätzt, eine Begleitperson mitnehmen zu können. Als weitere Motive werden genannt: ein grundsätzliches Interesse an Kulturveranstaltungen und das kostenlose Angebot. Bei den Gästen gibt es keine auffälligen Präferenzen für bestimmte Kulturformen. Sie lassen sich auch von ihnen unbekannten Kulturformen überzeugen.
 
Persönliche Ansprache und eine hohe Motivation der Vermittler sind zentrale Erfolgsfaktoren der Kulturloge
 
Die Auswertung der verschiedenen Ergebnisse zeigt, dass der Erfolg des Konzepts der Kulturloge vor allem durch folgende Faktoren begründet ist:
 
Die persönliche Ansprache der Gäste über soziale Partnerorganisationen, die dadurch angeregt werden, (erstmalig) eine kulturelle Veranstaltung zu besuchen.
 
Die ehrenamtliche Tätigkeit der Vermittler: Bürger und vor allem Bürgerinnen (die Vermittlerinnen sind zu 95% weiblich) vermitteln ihre eigene Begeisterung für Kunst und Kultur an andere weiter.
 
Das positive Image von Kunst und Kultur. Anders als mit rein sozialen Projekte verbindet man mit Kunst und Kultur "das Besondere, Aufregende, Positive" und nicht Defizitäre wie oft in der Sozialarbeit.
 
Das Angebot unterschiedlichster Kunst- und Kulturformen vor dem Hintergrund eines breiten, hierarchiefreien Kulturbegriffs, der nicht wertet und nicht missionieren will.
 
Der Aufbau eines positiven Images und eines hohen Bekanntheitsgrades der Kulturloge, so dass immer mehr Förderer und Mitstreiter gewonnen werden.
 
Die professionelle PR-Arbeit durch ehrenamtliche Kulturmanagement-Profis im Team, die für die passgenaue Ansprache der unterschiedlichen Zielgruppen und Teilöffentlichkeiten sorgen von den potentiellen Kulturnutzern über die Kulturveranstalter bis zu sozialen Einrichtungen, Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Kirche und Presse und Medien.
 
Die gezielte kontinuierliche Erweiterung des Netzwerkes durch Partner, Unterstützer und Fürsprecher.
 
Die gezielte Förderung eines guten internen Klimas im Projekt und unter den Ehrenamtlichen durch die Projektleitung.
 
Die ausführlichen Ergebnisse der Evaluation erhalten Sie auf der Forschungsplattform des Instituts für Kulturpolitik der Universität Hildesheim unter www.kulturvermittlung-online.de
 
oder auf der Internetseite der Kulturloge Berlin unter www.kulturloge-berlin.de.
 

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