18.09.2023

Themenreihe klimafreundlich

Autor*in

Julia Zalewski
ist Kunst-/Medienwissenschaftlerin (HBK/TU Braunschweig), Transformationsmanagerin Nachhaltige Kultur (Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit) und studiert Kulturvermittlung (Uni Hildesheim). 2021/22 war sie als Projektreferentin für die »dive in«-Qualifizierung an der Bundesakademie für Kulturelle Bildung tätig. Seit 2023 betreut sie dort die »SIN-Beratung«.
Henriette Reckert
ist Projektmanagerin beim Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien. Dort betreut sie die SIN-Beratung & die Weiterbildung Transformationsmanager:in Nachhaltige Kultur. Sie studierte Betriebswirtschaftsleere an der Universität Maastricht. Derzeit studiert sie berufsbegleitend Kulturmanagement an der Leuphana Universität.
SIN-Beratung in und für Kultureinrichtungen

Start in eine klimaschonende Zukunft

Immer mehr Kulturschaffende haben verstanden, dass sie mit dem Wirken ihrer Einrichtungen einen entscheidenden Beitrag für eine klimafreundlichere Zukunft leisten können, und möchten entsprechende Transformationsprozesse anstoßen. Jedoch reicht Wissen allein - wie so oft - nicht aus, um in ein klimaschonendes Handeln zu kommen. Mit der SIN-Beratung der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel und des Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien soll sich das nun ändern. Dazu fand Anfang Juli an der Bundesakademie ein dreitägiger Onboarding-Workshop für die Berater:innen statt, die jetzt ihre Arbeit mit den Institutionen begonnen haben. Ein Gespräch mit den Projektreferentinnen Julia Zalewski (Bundesakademie) und Henriette Reckert (Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit).

Themenreihe klimafreundlich

Was ist das Ziel der SIN-Beratung und wie lange dauert sie?
 
Julia Zalewski: Das Ziel unseres Pilotprojekts »SIN-Beratung« ist es, Kultureinrichtungen dabei zu unterstützen, sich der großen Zukunftsaufgabe Nachhaltigkeit zu stellen und ihre tägliche Praxis umweltfreundlicher, ressourcenschonender und damit zukunftsfähiger zu gestalten. Wir beobachten: In vielen Häusern und Teams besteht bereits ein hohes Bewusstsein, großer Tatendrang sowie der Wunsch, einen aktiven Beitrag gegen den fortschreitenden Klimawandel leisten zu wollen. Allerdings fehlt meist noch das konkrete Handlungswissen um ein strategisches Vorgehen, die Kapazitäten, sich dieses im laufenden Alltagsgeschäft anzueignen und die Netzwerke und Ressourcen, um dieses ins Haus zu holen und umzusetzen. Stattdessen stehen viele Fragen im Raum: An welcher Stelle sollten wir sinnvollerweise starten? Wie ist unser Status Quo? Wo liegen unsere relevanten Themengebiete, größten Baustellen und wirksamsten Hebel?
 
Henriette Reckert: Als bundesweites Beratungsprogramm, das durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert wird, setzt die SIN-Beratung bei genau diesen grundlegenden Fragen an. Indem sie die teilnehmenden Einrichtungen mit jeweils zwei ausgewiesenen Expert:innen aus dem Transformations- und Nachhaltigkeitsmanagement zusammenbringt, werden sie durch eine kollegiale Beratung dazu befähigt, in einen individuell zugeschnittenen, planvollen Nachhaltigkeitsprozess zu starten. Dabei liegt der Fokus der In-House-Beratung zunächst vor allem auf betriebsökologischen Maßnahmen.
 
JZ: Die derzeitige Pilotphase, die im Januar 2023 gestartet ist und insgesamt 16 Beratungen fördert, ist für zwei Jahre, also bis Ende 2024, angesetzt. Die Beratungen werden sich in zwei Beratungsdurchläufe à 6-9 Monate gliedern. Die Bewerbungsphase für die zweite Beratungsrunde beginnt am 06. Oktober — wir laden bereits jetzt herzlich dazu ein!
 
HR: Am 05. Oktober 2023 wird es außerdem die Möglichkeit geben, sich im Rahmen eines digitalen Get-Togethers über das Projekt, die aktuelle Runde und die Antragskriterien zu informieren. Hier geht’s zur Anmeldung. 
 
Was brauchen die jetzt ausgewählten Kulturinstitutionen? Und mit welchen Voraussetzungen starten sie ihren Prozess?
 
JZ: Für die erste Runde wurden acht Kultureinrichtungen unterschiedlicher Sparten, Größen und Institutionsformen ausgewählt. Diese stehen dementsprechend vor verschiedenen Herausforderungen und werden im Laufe der Prozesse individuelle Zielsetzungen verfolgen. Einige haben beispielsweise erste Maßnahmen umgesetzt und suchen nun nach professioneller Unterstützung, um fundiert, planvoll und effizient vorzugehen. Andere wiederum stehen noch vor der Aufgabe, eine Arbeitsgruppe zu bilden und relevante Handlungs- und Wirkungsfelder zu definieren. Grundsätzlich werden die Beratungen aber diese fünf Themenmodule umfassen: Analyse/Status Quo, Vision und Ziele, Maßnahmenentwicklung, Netzwerke/Partner:innen, Kommunikation und mit einer abschließenden Handlungsempfehlung vonseiten der Berater:innen enden. Voraussetzung für die Beratung ist die Teilnahme der Leitung im gesamten Prozess. Nun brauchen sie vor allem Motivation, Neugierde, Mut, Kreativität und Prozessvertrauen, um die nächsten neun Monate mit ihrem Berater:innen-Tandem so ertragreich wie möglich zu gestalten.
 
Wer sind die Berater:innen und wie habt ihr sie ausgesucht?
 
HR: Um nicht nur die bereits bestehenden Netzwerke zu bedienen, sondern im Rahmen des Projekts auch neue zu bilden und den Expert:innen-Pool stets auszubauen, haben wir uns dazu entschieden, auch die Berater:innen über eine öffentliche und weit gestreute Ausschreibung an Bord zu holen. Beworben haben sich 45 Expert:innen aus dem Kulturbereich und dem Transformations- und Nachhaltigkeitsmanagement des gesamten Bundesgebiets. Ausgehend von diesen Bewerbungen und den konkreten Anliegen und Standorten der Einrichtungen konnten wir eine buntgemischte Truppe aus insgesamt 16 SIN-Berater:innen gewinnen und jeweils in Tandems matchen. Diese bringen unterschiedliche, fachliche und berufliche Hintergründe mit. Einige sind Absolvent:innen der Weiterbildung "Transformationsmanager:in Nachhaltige Kultur" des Aktionsnetzwerks, die aber keine Zulassungsvoraussetzung ist. Im kürzlich stattgefundenen, dreitägigen Onboarding-Workshop in den Tagungsräumen der Bundesakademie in Wolfenbüttel durften wir die Zusammenarbeit mit der sehr motivierten und engagierten Berater:innen-Gruppe der ersten Runde starten:
 
Das Interesse an der SIN-Beratung ist riesig. Auf die 16 Plätze haben sich bundesweit über 90 Einrichtungen beworben. In der ersten Runde wurden acht renommierte Einrichtungen ausgewählt. Gibt es auch ein Programm für kleinere Kulturorte? 
 
JZ: Antragsberechtigt für die Teilnahme am SIN-Programm sind grundsätzlich zunächst öffentlich geförderte oder getragene Kulturinstitutionen mit mindestens 10 festangestellten Mitarbeitenden aus dem gesamten Bundesgebiet. Damit sind die Teilnahmekriterien bereits sehr offen formuliert. Dass damit leider dennoch kleinere oder aber ehrenamtlich organisierte Akteure, wie zum Beispiel Festivals, noch durch’s Raster fallen, ist uns bewusst. Noch befinden wir uns in der Pilotphase des Projekts, in der wir Rückmeldungen und Bedarfe aufmerksam beobachten. Wir waren vollkommen überwältigt von dem Bewerbungsrücklauf in der ersten Runde und sehen ebenso die Notwendigkeit, Fördermöglichkeiten für kleinere oder saisonal organisierte Kulturorte zukünftig auszubauen.
 
SIN wird von der BKM finanziert und ist für die Akteure kostenlos. Wird es angesichts der großen Nachfrage nach der zweijährigen Pilotphase eine Fortsetzung geben?
 
HR: Angesichts der großen Resonanz auf unsere erste Ausschreibung haben wir grundsätzlich den Eindruck, mit dem SIN-Programm und den Projektzielen zunächst einen Nerv getroffen und die richtigen Bedarfe identifiziert zu haben. Es hat uns sehr gefreut, dass sich so viele Einrichtungen auf den Weg machen und ihre Nachhaltigkeitsstrategie im Rahmen einer solchen kollegialen Beratung in Angriff nehmen wollen. Dementsprechend wäre es uns ein Herzenswunsch, möglichst vielen Einrichtungen die Chance zu geben und das Kooperationsprogramm zwischen der Bundesakademie und dem Aktionsnetzwerk nach einer Evaluation der Pilotphase weiter auszubauen.
 
Die SIN-Beratung ist ja keine Organisationsentwicklung. Wie schaffen es die Berater:innen trotzdem, die Menschen mitzunehmen und auch eine Veränderung in den Köpfen zu bewirken?
 
JZ: Wenngleich die SIN-Beratung allein aus Zeitgründen in den vorgesehenen sechs Beratungsterminen und einem Dreivierteljahr keine umfassende Organisationsentwicklung und keinen vollumfänglich Nachhaltigkeitsprozess abbilden kann, kann und möchte sie jedoch: geschickte und durchdachte Weichen für einen strategische Start stellen, um die notwendige ökologische Transformation in den nächsten Jahren selbstverantwortlich, ganzheitlich und chancenorientiert zu vollziehen. Die Veränderung in den Köpfen ist in vielen Fällen gar nicht die Hauptmission — wie gesagt, dass es ein Umdenken braucht, wir neue Formen der Kunstproduktion, -distribution und -rezeption entwickeln müssen, ist den Beteiligten längst klar. Aber Transformationsprozesse sind keine Kopfgeburten. Vielmehr geht es in den SIN-Beratungen darum, die schwierige Lücke zwischen Wissen und Handeln zu schließen.
 
HR: Konkret heißt das, die individuellen Potentiale gemeinsam aufzudecken, moderiert Visionen zu entwickeln, zu inspirieren, über Instrumente und Netzwerke zu informieren, vorhandene Ressourcen zu stärken und Raum für kreative und innovative Ideen zu schaffen. Die Einrichtungen sind die Expert:innen ihrer selbst und die SIN-Berater:innen unterstützen sie kollegial dabei, den eigenen Blick für ein zukunftsgewandtes Handeln zu schärfen und erste Schritte zu gehen. Nach der SIN-Beratung haben sie die Möglichkeit, ihre Zusammenarbeit durch eine programmunabhängige Beauftragung fortzusetzen. Der Gedanke, Menschen miteinander zusammenzubringen, ist essentiell für SIN, denn: Transformation ist ein Teamsport!
 
 
Unter dem Namen »SIN-Beratung — Start in die Nachhaltigkeit für Kulturinstitutionen« begleiten die Bundesakademie und das Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien in Berlin in diesem Jahr acht renommierte Kultureinrichtungen auf ihrem Weg in die Nachhaltigkeit: Kampnagel in Hamburg, Kulturzentrum E-Werk in Erlangen, die Stiftung Bauhaus Dessau, KW Institute for Contemporary Art in Berlin, Mecklenburgisches Staatstheater in Schwerin, Weltkulturerbe Völklinger Hütte im Saarland und die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin.

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