04.10.2022

Themenreihe klimafreundlich

Autor*in

Christoph Hügelmeyer
ist Technischer Direktor und Umweltmanagement-Beauftragter der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH (KBB). Der studierte Theater- und Veranstaltungstechniker hat davor für die Staatsoper Hannover als Bühnenmeister und Leiter der Bühnentechnik gearbeitet. 
Vera Hefele
ist Kultur- und Transformationsmanagerin. Vor der Gründung von WHAT IF im Jahr 2020 war sie u.a. beim Ensemble Musikfabrik, an der Oper Köln, bei der musica viva des Bayerischen Rundfunks und an der Bayerischen Staatsoper tätig. Mit WHAT IF arbeiten sie u.a. mit dem Theater Regensburg, mit dem Kulturamt der Stadt Würzburg, dem Mahler Chamber Orchestra und dem Klimafestival "endlich." des Staatstheater Augsburg zusammen.
Teresa Trunk
ist Betriebswirtin, Kultur- und Transformationsmanagerin. Sie arbeitete u.a. beim Jazzlabel ACT Music und der Künstleragentur Künstlersekretariat am Gasteig. Im Jahr 2020 gründete sie mit Vera Hefele das Projektbüro für nachhaltige Kultur. Mit WHAT IF arbeiten sie u.a. mit dem Theater Regensburg, mit dem Kulturamt der Stadt Würzburg, dem Mahler Chamber Orchestra und dem Klimafestival "endlich." des Staatstheater Augsburg zusammen. 
Nachhaltigkeit bei den Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin (KBB)

Zehn Jahre gelebtes Umweltbewusstsein

Nachhaltigkeit in vier Kulturbetrieben zu implementieren, ist auch nach einem Jahrzehnt eine umfassende Aufgabe. Welche Initiativen, Projekte und Zertifizierungen die Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin (KBB) mit den Internationalen Filmfestspielen Berlin, dem Haus der Kulturen der Welt und den Berliner Festspielen mit dem Martin-Gropius-Bau bisher umgesetzt haben, erklärt Christoph Hügelmeyer, Technischer Direktor und Umweltmanagementbeauftragter der KBB. Das Interview führten Vera Hefele und Teresa Trunk vom What if Projektbüro für nachhaltige Kultur.

Themenreihe klimafreundlich

Wann und wie ist in der KBB die Idee entstanden, sich dem Thema Nachhaltigkeit zu widmen?
 
Christoph Hügelmeyer: Die Idee entstand zwischen 2011 und 2012 im Zuge des Festivals "ÜberLebenskunst" im Haus der Kulturen der Welt. Dieses Festival setze sich mit Nachhaltigkeit in der künstlerischen Praxis auseinander. Dabei entstand das Bedürfnis, einen dauerhaften Nachhall dieses Festival in der betrieblichen Struktur zu spüren und der programmatischen eine betriebsökologische Auseinandersetzung anbei zu stellen.
 
Seit 2013 ist die KBB EMAS-zertifiziert (Eco-Management and Audit Scheme der Europäischen Union). Warum ist das Haus diesen Schritt gegangen? 
 
CH: Zu der Zertifizierung gehört auch eine Überprüfung bzw. ein Audit. Die KBB will ihr ambitioniertes Umweltmanagement immer wieder auf den Prüfstand stellen und freut sich über externe Hinweise zur Veränderung und Verbesserung. Zudem geht eine solche Zertifizierung grundsätzlich mit der Einführung eines dauerhaften Umweltmanagementsystems einher (ISO 14001).
 
Welche Abteilungen sind in die Nachhaltigkeitsstrategie involviert bzw. welche Projekte und Prozesse wurden umgesetzt?
 
CH: Die EMAS-Zertifizierung bezieht sich grundsätzlich auf den verwaltungstechnischen Betrieb inklusive der Liegenschaften. Durch viele Entscheidungen und Projekte strahlen die Nachhaltigkeitsbemühungen aber sowohl direkt als auch indirekt auch in den unmittelbaren Veranstaltungsbetrieb aus. Kern des Umweltteams sind verwaltungstechnische Abteilungen wie die Technik, das Controlling, die Vergabe und die IT. Diese werden ergänzt um Teilnehmende aus den künstlerischen Bereichen. Die Projekte reichen von der Umstellung auf Ökostrom über die sukzessive Sanierung der Liegenschaften, den Verzicht auf fleischhaltiges Catering und eine strikte Dienstreisepolitik bis hin zu der Einführung von gemeinsamen Umwelttagen zur umweltfreundlichen Wissensbildung.
 
Die Gründung eines Umweltteams ist integraler Bestandteil von EMAS. Wie hat sich in der KBB das Umweltteam formiert?
 
CH: Das war eine Mischung aus: Wer hat Lust darauf und engagiert sich in dem Zusammenhang und wer sitzt an Positionen, die entscheidend sind für den Fortgang des Systems? Teil des Umweltteams sind zum Beispiel unsere Datenerfasser:innen, die an strategischen Positionen in den haustechnischen Abteilungen der jeweiligen Häuser sitzen. Dann ist der Referent der Geschäftsführung dabei, um den Draht zum Leitungsteam zu haben. 
 
Wie viele Ressourcen fließen in diesen Bereich (beteiligte Mitarbeiter:innen/ Arbeitszeit/ Budget)? Könnte man diese nicht auch in die Kulturproduktion investieren?
 
CH: Eine genaue Höhe der Ressourcen ist nicht abzuschätzen. Im Umweltteam engagieren sich fest ca. 20 Kolleg*innen. Die Runde ist jedoch offen für alle interessierten Mitarbeitenden. Je nach umzusetzendem Projekt kommen auch andere Kolleg*innen hinzu. Für eine möglichst große Flexibilität gibt es kein eigenes "Klima-Budget". Finanzielle Ressourcen werden durch die bestehende Struktur abgedeckt. Diese können dadurch auch ambitioniert sein, wie die Finanzierung der Elektrifizierung des Fuhrparks oder die komplette Umstellung der Ausstellungsbeleuchtung im Martin-Gropius-Bau auf LED. Wie in vielen Kulturbetriebe ist eine Unterscheidung zwischen künstlerischem Haushalt und verwaltungstechnischem Haushalt zu treffen. Die Kulturproduktion schmälern wir dadurch nicht, sondern schaffen eher weitere Freiräume durch z.B. Energieeinsparungen mittels LED-Beleuchtung.
 
Wie sieht die interne Umweltkommunikation innerhalb der Kulturveranstaltungen des Bundes Berlin aus? 
 
CH: Das Umweltteam ist eine Möglichkeit. Ehrlicherweise funktioniert der Vervielfältigungseffekt aus diesem Team heraus aber nur bedingt gut, weshalb es noch weitere Kanäle gibt. Wir haben im Intranet den Bereich "KBB Klima". Damit geben wir den Mitarbeiter*innen die Möglichkeit, relativ einfach Informationen zu bekommen. Dort gibt es alle Umweltdokumente, unser Umweltprogramm und unsere Leitlinie, unser Rechtskataster liegt dort, unsere Leitfäden, ein Mitmachen-Vernetzen-Feld und die Protokolle der Umweltsitzungen. Außerdem gibt es einen Materialmarkt zur Verteilung von nicht mehr benötigtem Material zwischen den Häusern. Wir haben einen Emissionsrechner hinterlegt für die Dienstreisen. Es gibt außerdem einen Bereich für unser internes Audit Team. 
 
Ein weiterer Kanal ist unser Klimanewsletter, den ich ca. einmal im Monat verschicke. Wir sind auch gerade dabei, im Onboarding Prozess das Thema Nachhaltigkeit in der KBB zu platzieren. 
 
Es gibt auch noch bedarfsabhängig Themen. Ich schreibe zum Beispiel zum Beginn der Heizperiode eine Mail zum richtigen Heizen. Auf der Jahreshauptversammlung gebe ich auch einen Beitrag zum Umweltmanagementsystem. Und natürlich der Umwelttag. Der bietet einmal im Jahr die Möglichkeit, sich zu einem Thema weiterzubilden und sich untereinander zu vernetzen. 
 
Ist es wichtig, mehrere Kanäle zu nutzen? Ist ein Effekt spürbar? 
 
CH: Ja total. Der Wunsch, das Thema zu bearbeiten, ist an vielen Stellen wahnsinnig groß. Es ist eher auffällig, dass sich die Leute immer noch nicht informiert genug fühlen. Man muss immer wieder das Wissen streuen, wo man die Infos bekommt. Auf der anderen Seite muss man sich auch bewusst sein, dass man sich nicht dadurch diskreditiert, indem man zu viel Informationen gibt. Wie bleibt man für sich relevant? Wir haben ein zweites Thema, was einen großen Stellenwert hat, nämlich das Thema Diversität. Wir haben eine große Diversitäts AG mit mehreren Antidiskriminierungsbeauftragten. Da ist es wichtig, dass man sich nicht gegenseitig kannibalisiert, sondern das richtige Maß zu finden. 
 
Was war oder ist besonders schwierig? Was aber vielleicht auch überraschend einfach?
 
CH: Nach mittlerweile ca. zehn Jahren nach der Einführung unseres Umweltmanagementsystems sind viele der "Low Hanging Fruits" abgepflückt. Die umzusetzenden Maßnahmen werden kleinteiliger, weniger einflussreich und dadurch schwieriger zu finden. Hinzu kommt der Umstand, dass bestimmte notwendige Maßnahmen nicht in der eigenen Handlungsmacht liegen (z.B. der Bezug von klimaneutraler Fernwärme). Dabei gestaltet es sich zuweilen schwierig, die Motivation hoch zu halten und der Kreativität für neue, sinnvolle Maßnahmen genügend Raum zu geben.
 
Im Gegensatz zu vielen anderen Kultureinrichtungen konnten wir über unsere Zugehörigkeit zur Bundesstruktur schon sehr frühzeitig z.B. auf Ökostrom umstellen. Dieser Prozess vollzog sich sehr einfach.
 
Spielen die Arbeit des Umweltteams und die Zertifizierung eine Rolle in der Außenwahrnehmung der KBB, etwa bei Sponsor:innen, dem Publikum und der Kulturpolitik?
 
CH: Die Außenwahrnehmung spielt eine immer wichtigere Rolle. Das Thema Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren einen enormen Schub erfahren, nicht zuletzt im Kulturbetrieb durch die Gründung der Netzwerke "Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur in Medien" sowie "Culture4Climate". Künstler*innen fragen explizit nach den Nachhaltigkeitsbemühungen und machen eine Zusage zum Teil von diesen abhängig. Das Publikum fordert ebenfalls eine konsistente Auseinandersetzung mit diesem Thema (im Konkreten z.B. die Bereitstellung von Fahrradabstellplätzen). Und auch in der Kulturpolitik werden die Forderungen nach einer Beschäftigung größer - vor allem in der Kulturförderung werden einige Fördertöpfe mittlerweile an nachhaltige Kriterien geknüpft. 
 
Dieses Interview stammt aus unserem Leitfaden "Nachhaltigkeitsmanagement" und wurde für diese Veröffentlichung erweitert.
 

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