30.12.2009

Autor*in

Hannes Güntherodt
Rückblick 3. Kinderliedkongress 2009

Ein Abend vollen Hoffens

Schenkt man den Thesen Linard Bardills Glauben, so sieht es duster aus um die wichtigste Lebensphase des Menschen: die Kindheit.
In einer Art Bestandsaufnahme eigener Beobachtungen und Erfahrungen summiert er Bruchstellen, die ihm in der Arbeit als Kinderliedermacher begegnen. Einen besonders großen Bruch stelle dabei die veränderte Familiensituation dar: Im Gegensatz zu fruheren Zeiten sei heutzutage eine sehr hohe Fixierung auf die Eltern zu beobachten. Hinzu komme, dass am Beispiel der Schweiz etwa 50% aller Ehen geschieden wurden und Kinder in komplizierten Patchwork-Verhältnissen aufwuchsen. Auch seien Rituale verloren gegangen. Rituale, die oftmals mit Gesang, Tanz und Bewegung verbunden seien und damit vor allem die Kinderliedermacher in die Verantwortung nähmen. In einer zu diesen Thesen initiierten Podiumsdiskussion im Rahmen des 3. Kinderliedkongresses vom 25.-27.09.2009 in Hamburg diskutierten Kinderliedermacher und Wissenschaftler gemeinsam weitere Ursachen und mögliche Auswege.

Viele der genannten Grunde waren keine neuen Entdeckungen: Kinder bekämen zu wenig Grenzen und Strukturen aufgezeigt (Beate Lambert, Kinderliedermacherin); Eltern zeigten sich mit der Erziehung ihrer Kinder oftmals uberfordert (Prof.Dr. Friedrich Schönweiss, Sozialwissenschaftler und Pädagoge), nicht zuletzt aufgrund der Fulle an Informationen zum Thema Erziehung, die von der Medienwelt auf sie niederprasselt (Prof. Dr. habil. Gunther Kreutz, Musik- und Medienwissenschaftler). In Schwung kam die Diskussion erst, als Jörgpeter Ahlers (Moderator) die Aufmerksamkeit auf einen weiteren Standpunkt der Bardillschen Thesen lenkte: die Flatscreenisierung dem bloßen Abstellen des Kindes vor Fernseher, PC und Handy ohne Kontrolle und ohne Bewusstsein der Eltern wie des Kindes. Rolf Zuckowski (Kinderliedermacher) mahnte die Verantwortung und Vorbildfunktion der Eltern. Der stärkste kindliche Trieb sei die Nachahmung. Schönweiss fugte hinzu, dass gerade Schulkinder "Bildung und Freizeit zum Gegensatz konstruieren". Dadurch finde zu Hause oft ein inhaltsloses Totschlagen von Zeit statt. Kreutz hingegen kritisierte scharf die Pädagogik in Deutschland, die Eltern keinerlei Empfehlung im Umgang mit diesem Thema an die Hand gebe. Stattdessen wurden sozial auffällige Kinder (ADHS) mit Psychopharmaka behandelt, die fur Kinder nicht einmal zugelassen seien. Und plötzlich brannte es allen auf der Zunge. Mehrere Zwischenrufer aus dem Plenum meldeten sich mit interessanten Vorschlägen zu Wort. Kinder seien wie Seismographen, gäben sehr stark wieder, was Eltern ihnen vorlebten, so Manfred Kindel (Kinderliedermacher). Er forderte: zuruck zur Natur, zur Stille, um wieder resonieren zu können. Resonanz verlange jemanden, der still ist, leer ist, der das Kind nimmt, wie es ist, es spiegelt, aufgreift und stärkt in seinen Stärken.

Am Ende erschien das Rezept einer kindgerechten Erziehung dann doch so einfach: "Jede Betätigung, jede Beschäftigung", weiß Bardill, "eines Erwachsenen mit dem Kind ist immer stärker als jeder Flatscreen und jeder McDonald's". Damit brachte er auf den Punkt, was wohl jeder im Saal im Stillen oder Lauten dachte. Gemeinsam mit ihnen sich Dingen nähern sei erfolgsversprechender als bloße Verbote, so Schönweiss. Zuckowski versuche, Eltern und Kinder bereits in seinen Konzerten zusammenzubringen. Er hoffe stets, es klinge nach. Auch Kreutz hat noch Hoffnung. Musik sei ein mächtiges Medium. Sie verbinde die Menschen, transportiere Emotionen und mildere Konflikte. "Deswegen habe ich auch ein bisschen das Vertrauen, dass die Gesellschaft so leicht nicht kaputtbar ist so lang es eben Musik gibt, die Leute verbindet."
 

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