02.02.2012
Rückblick 5. Arbeitsmarktkonferenz Medien und Kultur 2012

Kreative Branchen befürchten Fachkräftemangel

215 Branchenvertreter diskutierten am 25. Januar in Köln über den zukünftigen Fachkräftebedarf der Kreativwirtschaft.
 
"Noch gibt es keinen Fachkräftemangel in der Kreativwirtschaft, aber er wird kommen, wenn die Unternehmen sich nicht darauf vorbereiten", prognostizierte Roswitha Stock, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Köln bei der 5. Arbeitsmarktkonferenz Medien und Kultur, die am 25. Januar im Haus der SK Stiftung Kultur im Kölner Mediapark stattfand. 215 Vertreter aus der Branche sowie dem Hochschulbereich waren der Einladung der Veranstalter Stabsstelle Medien der Stadt Köln, SK Stiftung Kultur, Agentur für Arbeit Köln und AIM - KoordinationsCentrum Ausbildung in Medienberufen gefolgt. Themenschwerpunkt war die Einschätzung des Fachkräftebedarfs der Medien- und Kulturbranche für die kommenden 15 Jahre. Wenn jetzt nicht gehandelt würde, so Roswitha Stock, könnten bedingt durch den demographischen Wandel bereits zum Ende dieses Jahrzehnts viele Stellen nicht mehr besetzt werden. Eine Lösung sieht die Chefin der Kölner Arbeitsagentur in der Aus- und Weiterbildung. Hier sei dringend Handlungsbedarf, denn im Vergleich zu anderen Branchen und anderen Standorten stelle sich Ausbildungsquote bei der Kölner Kreativwirtschaft mit 3,8 Prozent gegenüber 5,1 Prozent insgesamt unterdurchschnittlich dar.
 
In der Diskussion wurde deutlich, dass die Weiterbildung von Freien ein Problem ist, die im Vergleich zu Festangestellten über ein wesentlich niedrigeres Einkommen verfügen: Niemand übernimmt ihren Verdienstausfall an den Tagen, an denen sie einen Kurs besuchen, wie auch die Kosten des Lehrgangs. Fast gleichlautende Kritik kam auf, als am Nachmittag über die Möglichkeit der Etablierung eines Verhaltenskodex, eines 'Code of Practice', zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen freier Kreativer diskutiert wurde. Bei den schwächsten Gliedern in der Produktionskette, den freien Mitarbeitern der Fernsehbranche, sei die Situation katastrophal, sagte Stefan Nowak, freier Kameramann und im Vorstand der Filmunion West in verdi. Die Honorare seien nicht nur seit über fünfundzwanzig Jahren gleich geblieben, sondern befänden sich, infolge der gezahlten Teampreise, im steilen Sinkflug. Das reiche fast nicht mehr zum Leben, und für den Aufbau einer Altersversorgung schon gar nicht. Verantwortlich wären die Sendeanstalten, meint Nowak, die durch ihre Budgetierungen für externe Produktionen Preise und Honorare auf dem Markt kontrollieren und bestimmen. Der Verband der Film- und Fernsehproduzenten NRW möchte nun - nachdem er durch die Veranstaltergemeinschaft der Arbeitsmarktkonferenz auf einen Verhaltenskodex der britischen BBC aufmerksam gemacht wurde - einen eigenen formulieren.
 
Die Kölner Wirtschaftsdezernentin Ute Berg schilderte in einem Grundsatzreferat die Strategie der Stadt Köln zum Ausbau der Kultur- und Kreativwirtschaft: Die Pfeiler sind Beratungsangebote, Existenzgründerförderung, die Bereitstellung von Räumen sowie Plattformen für die Vernetzung wie die "Cologne Conference" oder das "c/o pop festival".
 
Die Frage, ob auf ein Bachelor-Studium ein Master-Studium folgen muss, um gute Einstiegschancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben, wurde auf Basis einer aktuellen Studie des Instituts für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V. diskutiert. Die von Ulrike Blumenreich, Projektleiterin Studium - Arbeitsmarkt - Kultur, vorgestellten Ergebnisse zeigten auch deutlich, dass eine Diskrepanz zwischen der Anzahl der HochschulabsolventInnen und den verfügbaren Master-Studienplätzen vorliegt. Prof. Dr. Caja Thimm, Professorin für Medienwissenschaft und Intermedialität am Institut für Sprache, Medien und Musik der Universität Bonn, kritisierte ausdrücklich die im internationalen Vergleich kurze Studienzeit im Bachelor-Studium und die vorhergehende verkürzte Schulzeit. Schüler und Studenten hätten somit kaum mehr Zeit um Erfahrungen zu sammeln, die jedoch später im Arbeitsleben verlangt würden. Diese Problematik konnte auch Anne Mager, freie Kunstmanagerin, bestätigen: Sie hätte nach dem Studium mit Hinweis auf mangelnde Erfahrung und ihr junges Alter Probleme gehabt, eine Stelle zu finden. Zum Abschluss waren sich die Podiumsteilnehmerinnen einig: Für Bachelor-AbsolventInnen, die Führungspositionen, Positionen mit Personalverantwortung oder in der Wissenschaft anstreben, führt kein Weg am Master-Studium vorbei. Man sollte sich jedoch die Zeit nehmen, Erfahrungen zu sammeln, und den Blick nicht starr auf Credit-Punkte richten.
 
Das Abschluss-Panel der Konferenz diskutierte über die Internationalisierung des Arbeitsmarktes. Teams in denen Menschen mit Migrationskompetenzen, die sie aus ganz unterschiedlichen Herkunftsländern mitbringen, miteinander arbeiten, sind heute schon Alltag. Die berichtete etwa Martin Lorber, PR Director und Jugendschutzbeauftragter von Electronic Arts. Allerdings stellt sich eine produktive Normalität nicht von allein ein. Ein bewusster Umgang ist besonders da gefragt, wo sich Kultur- und Medienschaffende mit Migrationserfahrung in leitende Positionen entwickeln sollen. So hat der WDR inzwischen neben dem Integrationsbeauftragten auch einen Integrationsrat eingerichtet, erläuterte Ayca Tolun, Redakteurin bei Funkhaus Europa Einig waren sich die DiskutantInnen, darunter auch Dr. Lale Akgün, Gruppenleiterin "Internationale Angelegenheiten und Eine-Welt-Politik" in der Staatskanzlei NRW, dass die MigratInnen nicht auf Folklore reduziert werden dürften. So gebe es spannende Kultur ganz jenseits der Stereotypen zu entdecken. Warum also nicht mal die experimentelle Ballettaufführung aus Istanbul besuchen statt einem Saz-Abend?
 
 

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