18.06.2021

Themenreihe klimafreundlich

Autor*in

Ina Friebe
beschäftigt sich mit Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit - beruflich wie privat. Sie arbeitet als selbstständige Redakteurin und Pressereferentin und unterstützt seit 2020 das Team der Initiative Clubtopia, das die Clubszene nachhaltiger machen möchte.
Nachhaltige Clubkultur

Verantwortung in Zeiten der Klimakrise übernehmen

Wenn es darum geht, wo man beim Klimaschutz anfangen sollte, denken viele zuerst an dreckige Kohlekraftwerke oder umweltverschmutzende Industrieanlagen - zu Recht. Doch auch der Kulturbetrieb trägt eine Verantwortung dafür, dem Ziel der Klimaneutralität ein Stück näher zu kommen. Einen Teil davon kann die Clubkultur übernehmen und das sogar mit recht einfachen Kniffen, wie die Intiative Clubtopia erklärt.

Themenreihe klimafreundlich

Mit geschätzten 1,2 Millionen Kernerwerbstätigen und einer jährlichen Wertschöpfung von über 100 Milliarden Euro ist die Kulturbranche ein starker Wirtschaftszweig und liefert mittlerweile einen weitaus größeren Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt als traditionelle Branchen wie Chemie und Energieversorgung. Gerade der Beitrag der Clubkultur dazu wird häufig unterschätzt. Denn eine Studie der Berliner Clubcommission hat ergeben, dass der Clubtourismus im Jahr 2017 einen Umsatz von knapp 1,5 Milliarden Euro in der Hauptstadt generiert hat. Damit ist er ein wichtiger Standortfaktor, der ebenfalls in die Ökobilanz hineinspielt. Und seitdem sich einzelne Städte und Kommunen konkrete Klimaziele gegeben haben, sind beispielsweise die öffentlich finanzierten Kultureinrichtungen ganz konkret von Einsparvorgaben betroffen. Das wird auch die Clubszene immer stärker betreffen, da sie immer häufiger von städtischen oder länderfinanzierten Maßnahmen profitiert, etwa beim Lärmschutz.

Nachhaltiges Nachtleben in Angriff nehmen

In Berlin zum Beispiel möchte man bis 2050 klimaneutral werden und damit die städtischen CO2-Emmissionen um mindestens 85 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 reduzieren. Wir von der Initiative Clubtopia haben es uns zur Aufgabe gemacht, die vielfältige Clubszene der Stadt auf diesem Weg zu unterstützen und werden dafür von der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gefördert. Wir vernetzen Expert*innen aus Nachtleben und Nachhaltigkeit und wollen zum konkreten klimafreundlichen Handeln im Club- und Veranstaltungsbetrieb motivieren. Denn wir glauben, dass die Kreativität der vielfältigen Clubakteur*innen sie dazu prädestiniert, einen Beitrag zum Ziel der CO2-Neutralität zu leisten. Deswegen bieten wir kostenlose Energieberatungen für Clubs an und organisieren Workshops, Runde Tische und Ideenwettbewerbe, um kreative Lösungen für eine grüne Feierkultur auf den Weg zu bringen. Zudem haben wir den Online-Leitfaden Green Club Guide veröffentlicht, der Wissen zum klimafreundlichen Clubbetrieb vermittelt.

Denn in vielen Clubs spielt das Thema Klimaschutz im stressigen Alltagsbetrieb oft nur eine untergeordnete Rolle. Dabei gibt es viel zu tun: Ein mittelgroßer Club verbraucht an einem Wochenende etwa 1.000 kwh - das ist so viel wie ein sparsamer Single-Haushalt in einem Jahr! Hinzu kommen CO2-Emissionen aus Abfällen, Heizungswärme und Transport der Clubgäste. Bei größeren Clubs mit überregionalen und internationalen Bookings lässt die Anreise der DJs den CO2-Fußabdruck stark anwachsen. In der Clubszene wurde dieses Problem in den vergangenen Jahren zwar verstärkt in den Fokus genommen, doch das Booking von internationalen Acts ist weiterhin ein Faktor, der der Nachhaltigkeit von Clubs im Wege steht. Und natürlich geht es beim Thema Klimafreundlichkeit nicht nur um CO2-Emissionen, denn Clubs emittieren ebenfalls Lärm, Staub, Hitze, Kälte und Feuchtigkeit.

Kleine Lösungen für große Veränderungen
 
Nicht immer bedarf es großer Investitionen, um die Öko-Bilanz einer Einrichtung zu verbessern. In den meisten Fällen amortisiert sich die Investition schon nach kurzer Zeit bzw. führt sogar zu finanziellen Einsparungen, wie etwa mit Wasserspartasten auf den Toiletten oder Strahlreglern für den Wasserhahn. Da der Strombedarf bei den meisten Clubs die größte CO2-Quelle ist, ist er auch der beste Ansatzpunkt: Der Wechsel zu einem Ökostromanbieter ist keine große Sache, und Ökostrom verursacht 15-mal weniger CO2 als normaler Strom. Durch den Wechsel auf LED-Beleuchtung lässt sich der Energiebedarf für Beleuchtung um 85 Prozent senken. Weiterhin macht energieeffizientes Kühlen an der Bar einen Unterschied. Besonders alte Kühleschränke, kleine Thekenkühlschränke oder solche mit Glastür sind wahre Stromfresser. Eine Kühltemperatur von 7 Grad reicht hygienisch vollkommen aus - weniger ist Energieverschwendung.

Neben solch recht unkomplizierten Maßnahmen gibt es natürlich auch größere Veränderungen, die das Clubleben klimafreundlicher machen. In großen Räumen ist es sinnvoll, in energieeffiziente, schallgedämpfte Ventilatoren für die Lüftungsanlage zu investieren, die man dann im täglichen Betrieb einfach über einen Thermostat regulieren kann. Mit einem zusätzlichen Wärmetauscher lassen sich dabei bis zu 80 Prozent der Wärme zurückgewinnen. Bei den baulichen Maßnahmen gibt es einiges zu berücksichtigen. Das wichtigste ist eine umfassende Dämmung: Durch eine richtige Dämmung der Fenster und Türen, der Decke sowie der Wände lassen sich jeweils 15 bis 20 Prozent an Energie einsparen. Und auch bei den Dämmmaterialien gibt es bereits natürliche Stoffe wie Hanf, Flachs oder Schafwolle, die zudem gesund sind und die Atmosphäre verbessern.

Selbst Clubs, die keine großen finanziellen Mittel für einen klimafreundlichen Umbau aufbringen können, bleibt immer noch eine sehr wichtige Handlungsmöglichkeit: Sie können ihre Clubgäste für das Thema sensibilisieren. Eine Umfrage unter Berliner Clubgästen hat ergeben, dass sich rund 90 Prozent der Clubgänger*innen wünschen, dass die Clubs sozial und ökologisch nachhaltiger werden (Vgl. Meyer 2018). Dementsprechend hoch ist die Bereitschaft, selbst dafür etwas zu tun. Durch gezielte Kommunikation können Clubs ihre Gäste in die eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen einbinden und so ein Bewusstsein für nachhaltiges Verhalten schaffen. Einfache, aber motivierende Ideen dafür gibt es bereits, wie etwa witzige Schilder für die Mülltrennung oder ein kostenloser Shot für Gäste, die mit dem Nahverkehr anreisen ("Öffi-Pfeffi").

Nachhaltig heißt zukunftsfähig

Das Jahr 2020 war eine extreme Herausforderung für die Clubszene. Viele Clubs sind seit März geschlossen und hatten keine oder nur sehr begrenzte Möglichkeiten, Einnahmen zu generieren. In solchen schwierigen Zeiten, die von Existenznöten geprägt sind, fällt es verständlicherweise schwer, an die Zukunft zu denken oder gar konkrete Investitionen zu planen. Dennoch sind wir von Clubtopia uns sicher: Nur eine nachhaltige Clubkultur ist eine zukunftsfähige Clubkultur! Dass die Clubkultur sich ihrer Verantwortung bewusst ist, zeigt sich schon an vielen Beispielen, etwa wenn Kollektive Klimademonstrationen mitorganisieren oder sich für soziale Zwecke organisieren. Was es jetzt braucht, ist allerdings ein breiterer Nachhaltigkeitsdiskurs in der gesamten Kulturbranche - und engagierte Menschen, die keine Scheu haben, Dinge zu verändern.
Literatur
 
  • Meyer, Konstanze (2018): Clubgänger*innen als Prosument*innen - Organisationsformen und Motivationen für die nachhaltige Gestaltung der Clubszene - Untersucht an der Berliner Clubszene (Masterarbeit, Hochschule für nachhaltige Entwicklung, Eberswalde)
 
Dieser Beitrag erschien zuerst im Kultur Management Network Magazin Nr. 158: "Ökologischer Fußabdruck".
 
Weitere Tipps und Einblicke in die Arbeit von Clubtopia
 
 
 
 

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