09.01.2023

Themenreihe klimafreundlich

Autor*in

Nils Kumar
ist Student der Sozialen Arbeit, Werkstudent bei STADTKULTUR HAMBURG und Konsumaktivist. Er betreibt das gemeinnützige Beratungsunternehmen Sundarat für nachhaltigen und sozialen Konsum.
Nachhaltigkeit im Arbeitsalltag

Strom, Seife, Suchmaschinen

Geht es im Kulturbetrieb um ökologische Nachhaltigkeit, stehen vor allem die Produktions- und Arbeitsweisen im Fokus. Weniger geht es allerdings um den Konsum von Kulturschaffenden und Einrichtungen im Arbeitsalltag. Dabei verdient dieser durchaus bedacht zu werden, denn: Kein Impact ist zu klein.

Themenreihe klimafreundlich

Alle gelisteten Unternehmen kommen aus Deutschland und setzen sich für die 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen ein.
 
Internetsuchmaschinen und Technik
 
Sozial und ökologisch nachhaltiger Konsum fängt bereits im Büro bei der Nutzung von Technik und Suchmaschinen an: Wussten sie, dass Google am Tag ca. 500 Millionen Dollar an Werbeeinnahmen durch Suchanfragen generiert? Was wäre, wenn dieses Geld soziale und nachhaltige Projekte unterstützen würde, anstatt an Aktionär*innen zu fließen? Genau da setzen die beiden deutschen Suchmaschinen gexsi und Ecosia an.
 
gexsi ist zu 100 Prozent in Stiftungshand (Good Impact Foundation) und somit gehen alle Gewinne in Projekte, die die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen umsetzen. Jedes Projekt ist auf der Website einsehbar, z.B. Street Football World, Zeugen der Flucht oder Plasticpreneur. Dabei war jedes fünfte geförderte Projekt seit der Gründung 2018 ein studentisches Projekt.
 
Ecosia nutzt Teile seiner Einnahmen, um damit weltweit Bäume zu pflanzen. Das speichert nicht nur CO2, sondern verhindert Überschwemmungen, fördert gesunde Böden und schafft Arbeitsplätze in Pflanzung und Pflege. Außerdem gibt es Projekte der Agroforstwirtschaft, bei denen z.B. Gummi arabicum-Bäume im Südsudan gepflanzt werden, um so langfristig Einkommen zu generieren.
 
Die Standard-Suchmaschine können Sie in Ihrem Browser selbst ändern, ohne Hilfe technischen Personals. Die Installation beider Suchmaschinen als Browsererweiterungen auf dem Desktop oder als App auf Mobilgeräten geht ebenfalls. Falls Sie entsprechende Erweiterungen nicht selbst installieren dürfen, können Sie Ihren IT-Support darum bitten. Das kostet kein Geld und bedarf keiner Rücksprache mit Vorgesetzten usw.
 
Neben diesen beiden Suchmaschinen sollten Sie auch im technischen Bereich Ihres Arbeitsalltags bei Ihrer Hardware auf nachhaltige Aspekte achten. Das Stichwort ist hier refurbed - also generalüberholte, ältere Technik, die wieder voll funktionsfähig ist, nachdem sie gereinigt und repariert wurde. Neben finanziellen Einsparungen von bis zu 40 Prozent gegenüber dem Originalpreis werden so knappe Ressourcen wie Edelmetalle eingespart. Ebenso entsteht deutlich weniger Elektroschrott und es wird weniger CO2 ausgestoßen. 
 
Anbieter auf dem Markt sind neben regionalen Geschäften z.B. refurbed.de (hier wird außerdem pro Bestellung ein Baum gepflanzt), backmarket.de, greenpanda.de oder afbshop.de (hier werden Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen).
 
Als Ergänzung gibt es von dem Unternehmen Nager IT eine faire Computermaus. Hierbei wird streng auf die Rohstoffbeschaffung, die Lieferketten und die Arbeitsbedingungen geachtet. 
 
Generell sollten alle (Büro-)Gegenstände so lange wie möglich verwenden werden. Falls etwas doch mal kaputt geht, sollte es richtig entsorgt werden: Elektroschrott kann etwa bei Sammelstellen abgegeben werden. Dieser wird dann zerlegt und die Rohstoffe werden in den Kreislauf zurückgegeben. Möbel kann man oft bei Gebrauchtläden oder Sozialkaufhäusern abgeben oder über Internetportale verkaufen/verschenken.
 
Flyer, Plakate und anderes Papier
 
Für Druckerzeugnisse wie Flyer, Plakate oder Programmhefte lohnt sich der Blick auf ökologische Druckereien. Diese drucken oft auf recyceltem Papier, welches frei von schädlichen Chemikalien ist. Ebenso sind die Druckfarben unbedenklich, wodurch die Erzeugnisse besser recycelt werden können. Zudem arbeiten einige Druckereien klimaneutral und kompensieren ihren CO2-Ausstoß. Beim Druckerpapier selbst können Sie auf recyceltes umsteigen und dabei z.B. auf den Blauen Engel achten. So werden weniger Bäume gefällt und es wird weniger Wasser verbraucht. 
 
Ökologische Druckereien sind oft etwas teurer. Mit Einsparungen bspw. bei der Technik lässt sich dies aber ggf. ausgleichen. Grundsätzlich ist es lohnenswert, zu erheben, welches und wie häufig Marketingmaterial tatsächlich noch gedruckt werden muss und für welche Werbemittel digitale Alternativen die gleichen Ziele erreichen. Zudem sind Druckerpapier und Druckerzeugnisse Aspekte des Arbeitsalltags, die Sie ggf. ohne Rücksprache mit Ihrem Träger ändern können.
 
Strom und Energie
 
Wenngleich in der Kulturbranche die finanziellen Mittel knapp sind, sollte nicht beim Stromtarif gespart werden. Ein Ökostromtarif spart bereits eine halbe Tonne CO2 pro Jahr bei einem Durchschnittshaushalt ein (Umweltbundesamt 2022). Das würde sich bei Büros mit vier bis fünf Mitarbeitenden und einem Veranstaltungsbetrieb deutlich erhöhen. Besprechen Sie also mit Ihrem Träger oder Ihrer Verwaltung, ob hier ein Wechsel möglich ist.
 
Falls es möglich ist, können LEDs eingebaut werden, denn diese sparen bis zu 10 Prozent Energie im Vergleich zu älteren Glühbirnen. Sie sind zwar zunächst teurer, amortisieren sich aber schnell und haben eine längere Lebensdauer.
 
Generell ist Energiesparen nicht erst seit Russlands Angriff auf die Ukraine wichtig. Allein in Deutschland könnten laut dem Umweltbundesamt zwei mittelgroße Atomkraftwerke abgeschaltet werden, wenn alle Geräte aus anstatt auf Standby geschaltet werden. Kippschaltersteckdosen sind ein einfacher erster Schritt. Zudem ist es hilfreich, das ganze Haus einmal auf unnötige Stromverbraucher hin zu prüfen, bspw. auf veraltete oder doppelte Technik.
 
Essen und Trinken
 
Neben dem Büroalltag lässt sich auch der Konsum nachhaltiger gestalten, also welche Getränke und Nahrungsmittel Sie Ihren Mitarbeitenden und Besucher*innen anbieten. Hier kann nicht nur der CO2-Fußabdruck verringert, sondern auch der soziale Fußabdruck verbessert werden.
 
Insbesondere bei Getränken könnte bei Mineralwasser auf Viva con Agua umgestellt werden. Diese Firma nutzt ihre Gewinne, um Wasserprojekte auf der ganzen Welt zu finanzieren. Für die Versorgung mit Cola könnte auf die Unternehmen Fritz Kulturgüter, Community-Cola oder Premium umgestellt werden. So werden z.B. Nachbarschafts- und Kulturprojekte unterstützt. Außerdem handeln diese Unternehmen fair und nachhaltig. Die eigene Haltung kann mit diesen Getränkeherstellern ebenfalls gezeigt und unterstützt werden: Bei Litfassbrause gehen 10 Cent pro Flasche an den Verein Aufstehen gegen Rassismus - perfekt für Diversitätsveranstaltungen. Beim Start-up Löblich gehen 10 Cent pro Flasche an Bienenschutzprojekte (hier wird außerdem nur mit Bio-Honig gesüßt). Mit jeder Flasche Lemonaid und Charitea unterstützt das Unternehmen mit 5 Cent den eigenen Verein. Dieser realisiert Projekte in den Anbauregionen. So konnten schon über 4 Millionen Euro zusammenkommen. 
 
Das Unternehmen Quartiermeister aus Berlin vertreibt zudem viele eigene Bio-Biere und spendet 10 Cent pro Liter an den eigenen Verein. Auf dessen Website kann abgestimmt werden, an welches Projekt das Geld gehen soll. Bei Wein lohnt sich ein Blick ins Bio-Regal der Getränkelieferanten und bei Vodka und Gin gibt es eine neue bio-soziale Variante von Abyme aus Berlin. Abyme finanziert pro Flasche einen eigenen Fond, um andere Unternehmen dabei zu unterstützen, gemeinwohlorientiert zu arbeiten.
 
Im Büro selbst sollte bei Kaffee und Tee auf Faitrade und Bio oder auf Direkthandel geachtet werden. Durch Fairtrade erhalten die Bäuer*innen einen Mindestpreis. Außerdem gibt es zusätzliche Prämien. Das sichert den Lebensunterhalt, auch wenn die Marktpreise sinken. Einen fairen Kaffee bietet das Unternehmen TEIKEI aus Hamburg durch das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft. Jede*r Kund*in zahlt einen Anteil und bekommt dafür direkt den Kaffee. Falls die Ernte mal schlechter ausfällt, bekommen die Bäuer*innen trotzdem dasselbe Geld. So wird die Produktion langfristig gesichert. Außerdem kommt der Kaffee ausschließlich mit dem Segelschiff über den Atlantik zu uns.
 
Auch im Bereich Snacks gibt es immer mehr ökologische und soziale Alternativen. Zum einen ist es sinnvoll, auf vegane Produkte zu setzen, da diese das Tierwohl nicht bedrohen. Bei Schokolade gibt es z.B. den Anbieter fairafric, welcher in der größten solarbetriebenen Schokoladenfabrik in Ghana produziert. So bleibt der Großteil der Wertschöpfung im Ursprungsland. Das Startup Heimatgut produziert biologische Snacks wie Chips, Flips und Salzstangen sowie Trockenfrüchte und Riegel. Zudem unterstützt jede verkaufte Tüte die Aufforstung des Partners The Generation Forest. Bei RETTERGUT wird unter anderem aus krummem Gemüse leckeres hergestellt. So gibt es biologische Suppen, Pestos, Brotaufstriche und mehr.
 
Diese Produkte sind im Vergleich teurer als ein Großteil der konventionellen Mitbewerber*innen auf dem Markt. Das liegt daran, dass für den Bioanbau strengere Regeln gelten und diese oft auch mehr Pflege bedürfen. Dafür hat man ein Produkt, welches frei von Gentechnik, Pestiziden und anderen Ackergiften ist. Zudem: Bio-Produkte sind nicht teuer, sondern kosten angemessen, während die anderen Produkte zu günstig sind.
 
Seife und Müll
 
Auch dieser Bereich ist für die Kulturarbeit unabdingbar. Bei Seife kann nicht nur auf die Auswirkungen auf unsere Haut geschaut werden. Kernseife ist oft das nachhaltigste und gesündeste Produkt. Dies gilt allerdings eher für den Hausgebrauch. Bei Einrichtungen mit (vielen) Besucher*innen ist Flüssigseife sinnvoller, da das Hygieneempfinden bei dieser deutlich höher ist. Dabei kann darauf geachtet werden, so wenig Verpackungsmüll wie möglich zu produzieren, etwa durch Nachfüllbeutel und wiederverwendbare Spender. Mittlerweile gibt es Flüssigseife etwa von evendrop in Pulverform, welches mit Wasser vermischt wird. So wird viel Verpackung eingespart. Generell ist auch ein Blick auf die Inhaltsstoffe wichtig: Produkte ohne Palmöl und Mikroplastik sind am besten für unsere Umwelt. Wenn möglich, sind regionale Produkte fast immer die bessere Alternative, um den CO2-Ausstoß beim Transport des Produkts zu verringern.
 
Da in der Gastronomie oder im Büro eine Menge Müll anfallen kann, ist eine gute Trennung wichtig. Je sortenreiner der Müll getrennt wird, desto besser kann er recycelt werden. Auch wenn Müllbeutel oft aus Plastik sind, macht WILDPLASTIC aus Hamburg diese nachhaltiger: Das Unternehmen lässt in das Plastik Ländern sammeln, die keine funktionierende Müllabfuhr haben, und stellt daraus neue Müllsäcke her. Die CO2-Bilanz ist trotz des Transports zu uns um bis zu 60 Prozent besser als bei herkömmlichen Plastikmüllbeuteln.
 
Fazit: Verwenden, recyceln, regional und achtsam
 
Es gibt zahlreiche Ansatzpunkte, um den CO2- und Stromverbrauch einer Kultureinrichtung zu senken. Viele davon können die Mitarbeitenden, die Verwaltung oder die Haustechnik allein umsetzen, beispielsweise das Licht ausmachen, wenn man den Raum verlässt, oder Bewegungslichter nutzen sowie Wasser sparen, etwa durch sogenannte Durchflussbegrenzer. Außerdem hilft Stoßlüften im Winter und der generelle achtsame Umgang mit Ressourcen, etwa die Wiederverwendung bestehender Kulissen, Vitrinen, Tafeln oder Kostüme, die möglichst lange Verwendung von Geräten oder der Verzicht auf Kleinstverpackungen, etwa bei Ketchup und Mayonnaise. Bitten Sie den Einkauf, hierauf zu achten, oder besprechen Sie dies mit den Verantwortlichen in Ihrem Haus. Bei Mobilität sollte möglichst auf das Auto verzichtet werden und Eintrittskarten sollten bestenfalls immer auch Tickets für den ÖPNV enthalten.
 
Grundsätzlich ist Nachhaltigkeit gut für ihre Öffentlichkeitsarbeit. Alles, was Sie diesbezüglich tun, sollten Sie auch kommunizieren. Das kann auch dabei helfen, die Nachhaltigkeit Ihres Hauses Schritt für Schritt zu erweitern, denn da der Umstieg auf solche Produkte gegenfinanziert werden muss, braucht es hierfür eine Strategie. Vielleicht können Sie faire und Bio-Produkte zusätzlich zu den bisherigen anbieten für diejenigen Ihrer Besucher*innen, die darauf Wert legen. Oder Sie tauschen erst einmal nur einen Teil der angebotenen Produkte aus, sodass für Besucher*innen mit geringerem Budget günstigere Alternativen zur Verfügung stehen. Womöglich lassen sich die Kosten auch über "faire" Tickets gegenfinanzieren oder Sie finden Sponsor*innen, die dafür aufkommen. Darüber mit Besucher*innen und Partner*innen ins Gespräch zu kommen, zeigt Ihren guten Willen und fördert eventuell noch weitere Ideen zutage. 

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