22.05.2023

Themenreihe klimafreundlich

Autor*in

Sebastian Brünger
st wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kulturstiftung des Bundes mit dem Schwerpunkt "Nachhaltigkeit und Klima". Er entwickelt neue Förderansätze wie zuletzt ein Pilotprojekt zur CO2-Bilanzierung und das Programm "Zero - klimaneutrale Kunst- und Kulturprojekte".
Constanze Kaplick
ist Programmsachbearbeiterin und seit 2017 Umweltmanagementbeauftragte der Kulturstiftung des Bundes. In dieser Funktion ist sie insbesondere für die Umsetzung der Umweltleitlinien und Umweltziele zuständig.
Umweltmanagement in der Kulturstiftung des Bundes

Einfach Machen

Ebenso wie in den Institutionen hat ökologische Nachhaltigkeit auch in den kulturfördernden Stiftungen zwei Ebenen: die Sensibilisierung nach außen und die Betriebsökologie nach innen. Deshalb fördert die Kulturstiftung des Bundes Nachhaltigkeit nicht nur in Kultureinrichtungen, sondern auch bei sich selbst mittels CO2-Bilanzierung und -Reduzierung.

Themenreihe klimafreundlich

Ihr wichtigstes Umweltziel teilt die Kulturstiftung des Bundes mit unzähligen anderen Einrichtungen in Deutschland und auf der ganzen Welt: die Verringerung von Treibhaus-Emissionen. Wie kann die kontinuierliche Reduktion Schritt für Schritt gelingen? Wie können wir - als Fördereinrichtung mit einer Belegschaft von knapp siebzig Menschen - bis zum Jahr 2030 klimaneutral werden? Wie können wir die zahlreichen von der Kulturstiftung des Bundes geförderten Institutionen auf diesen Weg mitnehmen und gemeinsam bzw. voneinander lernen? 
 
Bereits im Jahr 2010 hat die Kulturstiftung, damals gemeinsam mit dem Berliner Haus der Kulturen der Welt, mit dem Projekt "Über Lebenskunst" das Thema Ökologie zum Ausgangspunkt einer Nachhaltigkeitsinitiative gemacht. In der Folge entstand ein Kompass für ökologisch nachhaltiges Produzieren im Kulturbereich, der fortlaufend aktualisiert wird und auf der Website der Kulturstiftung zur Verfügung steht. Der Leitfaden hilft bei der Umsetzung von Kulturprojekten genauso weiter wie bei der umweltgerechten Transformation von Organisationen. Dabei hat er den ambitionierten Titel "Einfach machen" - das ist zum einen eine kühne Behauptung und zum anderen für uns selbst eine ernst gemeinte Direktive. 
 
Die zwei Perspektiven unserer Umweltaktivitäten
 
Die Kulturstiftung des Bundes ist eine der größten öffentlichen Kulturstiftungen Europas und fördert Kunst und Kultur im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes. In dieser Rolle beantwortet sie die Frage nach ökologischer Nachhaltigkeit in der Stiftungsarbeit in zwei Richtungen: Auf der einen Seite hat die Kulturstiftung eine Reihe eigener Nachhaltigkeitsinitiativen ins Leben gerufen und erste Erkenntnisse gebündelt - von der Klimabilanzierung im Programm Zero bis zur Kreislaufwirtschaft im Kulturbetrieb. 
 
Zudem möchte die Kulturstiftung anhand von Beratungsangeboten wie dem Leitfaden insbesondere ihre Kooperationspartner*innen und Geförderten motivieren, ihre Aktivitäten nach den Prinzipien der ökologischen Nachhaltigkeit auszurichten. Weitere Anreize setzt die Kulturstiftung durch Appelle in den Förderverträgen und Fördergrundsätzen sowie durch das Einfordern von Nachhaltigkeitserklärungen bei der Antragstellung. Nicht zuletzt hat die Kulturstiftung im Verlauf ihres 20-jährigen Bestehens eine Vielzahl an Projekten gefördert, die mittels künstlerischer Auseinandersetzung die dramatischen Veränderungen des Klimawandels erzählbar und erfahrbar machen. 
 
Neben der Fördertätigkeit wollen wir auch unser eigenes Tun und dessen Umweltkonsequenzen reflektieren und verbessern. Seit gut zehn Jahren hat sich die Kulturstiftung dem Umweltmanagementprogramm EMAS (Ecological Management and Audit Scheme) verschrieben, das sie zu einer fortwährenden Verbesserung ihres Umweltverhaltens verpflichtet. Die Zertifizierung nach EMAS sieht vor, dass das gesamte organisatorische Handeln der Stiftung auf seine Umweltfolgen hin befragt und von Umweltgutachter*innen kritisch begleitet wird. Konkret bedeutet dies, dass wir uns Ziele setzen, Maßnahmen entwickeln und umsetzen, jährlich eine Umwelterklärung mit allen relevanten  Daten und Fakten erstellen und uns alle zwei Jahre im Rahmen einer Umweltbetriebsprüfung auditieren lassen.
 
EMAS in der Kulturstiftung
 
Der Anfang dieses Weges war steinig und die Einführung des Umweltmanagementsystems ein Kraftakt für das Team der Kulturstiftung. Ohne professionelle externe Unterstützung wäre das Engagement der vergleichsweise kleinen Belegschaft Gefahr gelaufen, durch den signifikanten Aufwand erstickt zu werden. Der Aufwand zu Beginn ist, das wussten wir, durchaus gerechtfertigt, gilt es doch erst einmal, ein Bewusstsein zu entwickeln und eine Analyse des Status quo vorzunehmen, auf deren Basis erste Schritte unternommen werden können. Und die Mühe lohnt!
 
Das Herzstück des EMAS- Prozesses sind unsere Umweltleitlinien, die gemeinsam mit dem Vorstand und dem Team der Kulturstiftung entwickelt wurden. Die Umweltleitlinien halten Überzeugungen und Haltungen fest: zum Beispiel, dass die Stiftung sich engagiert, die von ihr verursachten Belastungen für die Umwelt kontinuierlich zu reduzieren. Die Leitlinien prägen unser Handeln und haben praktische Konsequenzen im Rahmen des Umweltmanagementsystems. So werden die umweltrelevanten Entwicklungen unserer Aktivitäten identifiziert und bewertet. Im Fall der Kulturstiftung sind direkte Umwelteffekte z.B. Emissionen, Abfallaufkommen, Wasserverbrauch; indirekte Umwelteffekte entstehen z.B. beim Einkauf von Produkten oder bei der Durchführung von Dienstreisen.
 
Für die Einhaltung der Anforderungen des Umweltmanagementsystems sind das Umweltteam unter Leitung der Umweltmanagementbeauftragten und der Vorstand gemeinsam verantwortlich. Das sechsköpfige Umweltteam besteht aus Vertreter*innen aller Organisationsbereiche. Wichtig ist uns dabei die aktive Beteiligung der Kolleg*innen. Ob bei Teambesprechungen, in Umfragen oder auf Einzelinitiative - gemeinsam werden Themen identifiziert und Ideen für Maßnahmen entwickelt. Das reicht von der Verbesserung der Fahrradabstellsituation bis zur Initiierung von Projekten zum Insektenschutz oder vor Kurzem zu einem "Digital Cleanup Day".
 
In den vergangenen Jahren haben wir als Kulturstiftung, wie in der Zeitleiste abgebildet, die Schwerpunkte unseres Umweltmanagements in den Handlungsfeldern Gebäudebetrieb, Mobilität, Beschaffung und Veranstaltungen gesetzt. Hervorzuheben ist beim Bereich Gebäude bspw., dass beim Neubau für die Kulturstiftung des Bundes in Halle an der Saale bereits in den frühen 2010er Jahren auf energieeffiziente, nachhaltige Technologie und Bauweise Wert gelegt wurde. Hierzu zählen eine automatisierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung, eine Photovoltaikanlage, Präsenzmelder usw. Weitere Schwerpunkte lagen, wie oben angedeutet, in der Fördertätigkeit und den Impulsen für geförderte Einrichtungen zur Verbesserung der eigenen Betriebsökologie, wie u.a. zur Klimabilanzierung im Kulturbetrieb.
 
 
Auf dem Weg zur Klimaneutralität
 
Als Kulturstiftung des Bundes haben wir uns im Rahmen unseres Umweltmanagements seit 2020 ein neues Ziel gesetzt und das Thema Klimaschutz in den Fokus unserer Umweltpolitik gestellt. In Anlehnung an die Klimaschutzziele der Europäischen Union, die das Erreichen von Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 vorsehen, sowie vor dem Hintergrund der Reduktionsziele der Bundesregierung (65 Prozent bis 2030) haben wir in einem ersten Schritt Klimabilanzen erstellt und in der Folge ein Maßnahmenpaket zur Vermeidung und Reduktion von CO2-Emissionen erarbeitet - mit dem Ziel "Klimaneutralität in 2030".
 
Die erste eigene Klimabilanz haben wir für das Jahr 2019 für den Hauptsitz in Halle / Saale und das Büro in Berlin erstellt. Die organisatorischen Voraussetzungen für die Klimabilanzierung waren dabei gut. Aufgrund des etablierten Umweltmanagementsystems und anhand unserer Umweltkennzahlen für beide Standorte hatten wir bereits viele relevante Daten für die Klimabilanzierung. 
 
In der Summe ergaben sich für 2019 Treibhausgasemissionen in Höhe von rund 708 Tonnen CO2-Äquivalent. Die grafische Aufstellung zeigt, dass die Kulturstiftung insbesondere im Bereich Mobilität Emissionen verursacht. Dazu zählen Dienstreisen, aber auch die Arbeitswege der Mitarbeiter*innen. Ein positiver Aspekt im Bereich Mobilität ist, dass die Stiftung keinen eigenen Fuhrpark unterhält. Einen weiteren relevanten Bereich stellt der Gebäudebetrieb dar. Da die Kulturstiftung Ökostrom bezieht, schlägt hier vor allem die Fernwärme zu Buche. Die restlichen Emissionen ergeben sich aus kleineren Bereichen wie Wasser, Abfall, beschafften Gütern und Dienstleistungen. Hierbei wird stets auf Energiesparsamkeit, Umweltkriterien und - Zertifizierungen Wert gelegt, etwa bei Papier, Geräten oder der digitalen Infrastruktur. 
 
Mithilfe einer Wesentlichkeitsanalyse haben wir zudem untersucht, ob es jenseits der oben beschriebenen Bereiche weitere relevante Emissionsquellen gibt. Hier stechen insbesondere die Eigen- bzw. Kooperationsveranstaltungen der Kulturstiftung deutlich hervor. Ein weiterer großer Faktor ist die Fördertätigkeit - jedoch verfügt die Kulturstiftung hier bislang noch nicht über die Emissionsdaten der von ihr geförderten Projektträger und Projekte. 
 
Auf der Basis der Zahlen aus der Klimabilanz wurde eine abteilungsübergreifende Arbeitsgruppe gebildet, um eine Strategie bzw. einen Zielpfad zur Klimaneutralität zu erarbeiten gemäß der Logik: Vermeiden, Reduzieren, und - als Ultima Ratio - Kompensieren. In diesem Sinne haben wir uns als erstes Ziel eine Emissionsreduktion um 10% jährlich (im Vergleich zum Basisjahr 2019) gesetzt.
 
Um diesen Reduktionspfad zu realisieren, nehmen wir - anknüpfend an unsere bisherigen EMAS-Schwerpunkte - die folgenden vier Handlungsfelder in den Fokus: Gebäude, Mobilität, Beschaffung und Veranstaltungen. Wir wollen die Klimawirkungen dieser Handlungsfelder noch besser verstehen lernen und in zukünftigen Klimabilanzen noch detaillierter abbilden, sowie weitere relevante Aspekte wie etwa die digitalen Aktivitäten ergänzen. Für diese Handlungsfelder haben wir erste Maßnahmen zur Emissionsreduktion erarbeitet: 
 
  • Gebäudebetrieb: Reduktion des Energieverbrauchs
  • Mobilität: Erarbeitung einer Reiserichtlinie für ökologisch nachhaltige Dienstreisen (No-Fly-Radius)
  • Eigene Veranstaltungen: Einführung und Veröffentlichung von ökologischen Mindeststandards 
Schließlich haben wir die Anforderungen an die Kompensation der verbleibenden, bislang nicht vermeidbaren Emissionen festgelegt und stellen unsere Erfahrungen anderen Institutionen zur Verfügung. 
 
Wo stehen wir jetzt?
 
Die ersten Zahlen der Klimabilanzierung, die wir mit weiteren Bilanzen für die Jahre 2020 und 2021 fortgeschrieben haben, haben uns eine Richtschnur gegeben. Die Zahlen sind Teil eines im besten Fall kontinuierlichen, iterativen Lernprozesses, um den Erfolg oder Misserfolg von Maßnahmen zu überprüfen. Klimabilanzen sind somit für uns die Grundlage eines erfolgreichen Umwelt- bzw. Klimamanagements, das das Ziel einer stetigen Reduktion der CO2-Emissionen bis hin zur Klimaneutralität verfolgt.  
 
Als Kulturstiftung des Bundes möchten wir weiterhin als lernende Organisation mit gutem Beispiel vorangehen, Erfahrungen sammeln und Wissen weitergeben. Wir wollen nicht nur unsere eigene Umweltbilanz verbessern, sondern neben den geförderten Projekte auch andere Förderinstitutionen motivieren und unterstützen, ein Bewusstsein für die eigene Klimawirkung zu entwickeln und diese stetig zu reduzieren. Mit Initiativen wie dem »Fonds Zero« erprobt die Kulturstiftung ökologisch motivierte Steuerungsmöglichkeiten, um Gestaltungsmöglichkeiten von »Umweltauflagen« und »Umweltanreizen« nicht nur für das eigene Fördersystem zu prüfen, sondern beispielhaft auch für andere Fördermittelgeber*innen auszuloten.
 
Eine echte Herausforderung ist und bleibt dabei für uns als Kulturstiftung wie auch für die geförderten Projekte das Thema Mobilität: Wie bleiben wir in lebendigen Begegnungen mit unseren Partner*innen in der Welt verbunden - auch im internationalen Austausch von Künstler*innen, der das Herzstück unserer Arbeit darstellt? Und wie werden wir bei unserer Suche nach "climate justice" der Tatsache gerecht, dass die Verbrauchslasten im Weltmaßstab höchst unterschiedlich verteilt sind - weil der westliche Lebensstil historisch wie heute zerstörerisch und überproportional viele unserer wertvollen Ressourcen bindet? Es gibt genug offene Fragen... Machen wir weiter! 
 
Weitere Informationen zur Umweltpolitik der Kulturstiftung des Bundes bzw. zu den Förderaktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit finden Sie auf der Webseite: www.kulturstiftung-des-bundes.de/umweltpolitik 

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