06.09.2013

Themenreihe Wahlkultur

Autor*in

Kristin Oswald
leitet die Online-Redaktion von Kultur Management Network. Sie studierte Geschichte und Archäologie in Jena und Rom sowie Social Media-Marketing in Berlin. Sie ist freiberuflich in der Wissenschaftskommunikation und im Museumsmarketing mit Schwerpunkt online tätig.
Wahlkultur 2013

Das kulturpolitische Programm der SPD

Unsere Reihe Wahlkultur stellt die Programme der sechs großen deutschen Parteien vor und untersucht sie auf jene Aspekte, die für die Kulturpolitik der nächsten Jahre von Bedeutung sein werden. Der erste Beitrag befasst sich mit dem Parteiprogramm der SPD. Dafür sprachen wir mit Prof. Dr. Oliver Scheytt, Mitglied im Kompetenzteam von Peer Steinbrück für das Thema Kunst & Kultur.

Themenreihe Wahlkultur

I. Rang und Einordnung von Kulturpolitik im Parteiprogramm
 
Im Parteiprogramm der SPD für die Bundestagswahl 2013 gehört die Kulturpolitik zu Punkt III. Bildung, Gleichberechtigung und Zusammenleben in einer Modernen Gesellschaft und hier spezifisch zu III.6 Kultur-, Medien- und Netzpolitik. Die Zusammengehörigkeit von Kultur und Medien wird nicht spezifisch erklärt. Kulturpolitik steht damit im parteiweiten Vergleich relativ weit vorn im Programm, jedoch nur als kleiner Unterpunkt von knapp zwei Seiten. Hinzu kommen jedoch weitere, für die Kulturpolitik wichtige Aspekte, u.a. in Bezug auf die Kommunal- und Länderpolitik, Medien- oder Hochschulpolitik.
 
II. Besonders betonte Inhalte des kulturpolitischen Programms
 
Die SPD definiert Kulturpolitik als ein wesentliches Element für die Frage danach, wie wir leben, insbesondere wie wir zusammenleben, was an Werten und Haltungen in der Gesellschaft wichtig ist, so Scheytt. Diese Herangehensweise an Kultur soll nach Ansicht der SPD stärker kommuniziert und gefördert werden, um die Kulturbranche und die Gesellschaft auch in ihrem Wertedenken zukunftsfähiger zu machen. Demnach wird Kulturpolitik nicht nur als Kunstpolitik und auch nicht als Luxusgut verstanden, sondern als gesellschaftliche Notwendigkeit. Die SPD betont in ihrem Programm dabei als besonders förderungswürdig:
 
  • Denkmalschutz und Denkmalpflege als wichtige Aufgaben von Bund, Ländern und Kommunen, deren Schutz verstetigt werden müsse. Die starke Kritik von Seiten der Medien und Bürger an den Kürzungsplänen der SPD-Landesregierung in NRW im Frühjahr scheint sich die Partei also zu Herzen genommen zu haben.
  • das Gedenken an die beiden deutschen Diktaturen,
  • den Deutschen Filmförderfonds (DFFF),
  • die Kreativwirtschaft, deren Innovationspotenzial durch einen an die Bedürfnisse dieses Wirtschaftszweiges angepassten Kreativpakt und neue Synergien mit der Tourismusbranche ausgebaut werden soll.
  • Scheytt stellt zudem die Künstler selbst an die Spitze der Liste jener Kulturaspekte, die verstärkter Aufmerksamkeit bedürfen.
Bei allen Punkten werden die Bedeutung der hier angesiedelten Mitarbeiter für den Arbeitsmarkt, der gesellschaftliche Mehrwert und das Innovationspotenzial hervorgehoben. Scheytt verwies unter den von der Enquete Kommission betonten Handlungsfeldern im Kulturbereich auch auf die zunehmende Bedeutung der kulturellen Bildung.
 
III. Verantwortlichkeit für und Finanzierung von Kultur zwischen Staat und Ländern
 
Das Programm der SPD will in Bezug auf die Zuständigkeit für und die Finanzierung von Kultur in Deutschland die vorhandene Infrastruktur erhalten und stärken, zugleich aber dem Staat mehr Verantwortung in die Hände geben. Zentral dafür ist für die SPD die Aufhebung des Kooperationsverbotes zwischen Bund, Ländern und Kommunen, um zunehmend wichtige, länderübergreifende Aufgaben wie Kreativwirtschaft oder Bildung besser strukturieren und zugleich Rücksicht auf regionale Gegebenheiten nehmen zu können. Damit geht nach Scheytt auch eine stärkere Zusammenarbeit mit Stadtentwicklungsplanung, Sozialpolitik,Wirtschaft und Zivilgesellschaft einher, um den Bedarf an Kunst, Kultur, Gestaltung oder auch Standortnutzung ermitteln und entsprechend abdecken zu können.
 
Aus dem größeren Kontext des Programmes lässt sich herauslesen, dass die kommunale Finanzkraft durch Anleihen, einen Investitionspakt von Bund und Ländern sowie einen Eigenanteilfonds gestärkt werden sollen, ohne dabei die Entscheidungshoheit der jeweiligen politischen Gremien zu untergraben. Dass Kultur hiervon im Besonderen gefördert werden soll, wird nicht ausdrücklich gesagt, eine Neustrukturierung der Kulturfinanzierung jedoch spezifisch gefordert. Hier setzt für die SPD auch die Verantwortung des Staates an, Kultur um ihrer selbst willen und soweit wie möglich unabhängig von ökonomischem Gesichtspunkten zu fördern.
 
Zugleich wird im Wahlprogramm der SPD eine verstärkt konzeptionelle Kulturpolitik als Priorität genannt, um sich mit Kulturplanung der Stärkung von Orten der gesellschaftlichen Begegnung und des Gesprächs sowohl unabhängig von Kunstmarkt und Kulturindustrie als auch in Kooperation mit ihnen zu nähern.
 
IV. Kulturpolitik und gesellschaftliche Kontexte
 
Im kulturpolitischen Programm der SPD erhält die kulturelle Bildung eine besondere Bedeutung. Sie wird als einer jener Punkte genannt, die bei einer stärker konzipierten Kulturpolitik im Mittelpunkt stehen sollten. Grund hierfür sind nach der SPD gesellschaftliche Probleme wie demographischer Wandel, Integration und Inklusion oder soziale Spaltung. Für sie kann Kultur ein Schritt auf dem richtigen Weg sein. Dafür müsse die Zugänglichkeit zu und die Finanzierbarkeit von Kultur gesichert werden. Zudem spielt die Aufhebung des Kooperationsverbotes in diesem Bereich eine besondere Rolle, da Bildung unter die Hoheit der Länder fällt und der Bund nur wenig Ansatzmöglichkeiten hat. Diese wurden bisher vor allem durch die Unterstützung von Vereinen und Verbänden genutzt, aber es zeigt sich, dass dieses Thema in Projektförderungen zu verkommen droht, weil Bürokratie hinzukommt, aber nicht extra bezahlt wird, so Scheytt. Deshalb sind für die SPD Langfristigkeit und die stärkere Vermittlung von kultureller Bildung auch in den Schulen ein großes Thema.
 
In einen ähnlichen Bereich gehört die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Auch hierbei sollen Toleranz und Neugier, Austausch und Gleichberechtigung geweckt und vermittelt werden. Ein spezieller Punkt ist dabei die Weiterentwicklung einer gemeinsamen europäischen Kulturpolitik, die integrativ wirken und die EU als Raum der kulturellen Vielfalt und zugleich auch Einheit stärken soll.
 
V. Verbindung zwischen Medien-/Internetpolitik, Urheberrecht und Kultur/kultureller Bildung
 
Im Kontext neuer Entwicklungen wie Digitalisierungsprojekten im Kulturbereich, E-Learning-Möglichkeiten für außerschulisches und lebenslanges Lernen und aktuellen Problemen mit dem Urheberrecht, wird die Verknüpfung von Kultur-, Medien- und Netzpolitik und bildung immer enger. Die SPD hat einige diesbezügliche Aspekte neu in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Grundlegend ist nach der SPD eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet. Auch eine Reform des Urheberrechts mit starkem Bezug zum Internet scheint für die SPD dringend notwendig. Die Urheber sollen gestärkt, aber auch die Interessen der Nutzer und Weiterverwerter neu bewertet und die Frage beantwortet werden, welche neue wirtschaftlichen Möglichkeiten das Internet für die Kulturbranche bietet. Zudem soll es eine bessere Zugänglichkeit zu Open Data für Kultur, Wissenschaft und Bildung geben, die ebenfalls einer urheberrechtlichen Regelung bedarf. Im Kontext mit dem Urheberrecht betont das Programm der SPD spezifisch die Bedürfnisse von Kulturmachern und Künstlern, deren finanzielle Basis häufig ihre kreativen Ideen sind.
 
VI. Bildungs- und Hochschulpolitik mit Bezug zu den Kulturwissenschaften
 
Die Verbindungen zwischen Kulturpolitik, Bildungs- und Hochschulpolitik sind ebenfalls sehr eng. In Kultureinrichtungen wird vielfach auch Forschung und Bildungsvermittlung betrieben; zudem bringen geistes- und informationswissenschaftliche Forschungen auch für den Kulturbereich wichtige Erkenntnisse hervor. Die SPD greift diese Themen auf und macht deutlich, dass künftige Tendenzen und Notwendigkeiten Im Wahlprogramm bedacht wurden. Dabei ist Wissenschaft für die SPD nicht nur Naturwissenschaften und Technik, sondern auch Forschungen zu gesellschaftlichen Fragen und Lösungen, die entsprechend auf Förderung hoffen dürfen. Diese soll transparenter, partizipativer und an das Open Data-Prinzip gekoppelt werden.
 
Im Parteiprogramm finden sich auch zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitssituationen in der Wissenschaft. Sachgrundlose Befristungen sollen abgeschafft und neue verlässliche Berufsperspektiven entwickelt werden, die auch für forschende Kulturinstitutionen gelten sollen. Hierbei spielt nach der SPD die Nutzbarkeit von urheberrechtsgeschützten Inhalten für Bildung und Forschung eine entscheidende Rolle.
 
VII. Personalpolitik im Kulturbereich und Künstlersozialkasse
 
Neue Absicherungen in der Kreativwirtschaft und in der Kultur werden im Parteiprogramm der SPD ebenfalls thematisiert. Damit will sie das Innovations- und Wachstumspotenzial dieser Bereiche weiter fördern. Hierfür soll die Künstlersozialkasse gestärkt werden, um die Sonderstellung von Kreativen im sozialen System angemessen abzusichern. Auch die Situation der Selbstständigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft gilt es zu verbessern. Ebenso sollen Urheberrechtsreformen dazu beitragen, Kunst und Kultur zu einer sicherern Lebensgrundlage zu machen. Gleiches gilt für prekäre, befristete oder niedrigbezahlte Arbeitsverhältnisse, die laut dem Programm der SPD ebenso wie die Wissenschaft neuer Regelungen etwa für Mindestlöhne oder auch in der Arbeitslosen- oder Rentenversicherung bedürfen.
 

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