22.07.2019

Themenreihe Karriere

Autor*in

Jörg Arndt
ist nach verschiedenen beruflichen Leitungsstationen im Kultur- und Bildungsbereich sowie als Führungskräfte-Coach derzeit Interims-Vorstand und -Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Seine breiten Führungs- und Managementerfahrungen und Kenntnisse an der Nahtstelle zwischen Politik und Verwaltung reichen von der Einführung neuer Instrumente des Personalmanagements und der Organisationsentwicklung bis hin zum Prozessmanagement. 
Was macht eine erfolgreiche Bewerbung aus?

Annika sucht ihren Traumjob Teil I

Sich selbst, die eigenen Kenntnisse, Erfolge und Motivationen passend zur Ausschreibung auf den Punkt zu bringen, ist für viele Kulturschaffende ein Horror. Wir zeigen beispielhaft, wie man mehr als Standardbewerbungen und "Textfriedhöfe" aufs Papier bringt und worauf Personaler und künftige Vorgesetzte achten.

Themenreihe Karriere

Ein Praxisbeispiel
 
Dieter ist bei der Stadtverwaltung ein "Personaler durch und durch" und seit 25 Jahren "im Geschäft". Er kann die Anzahl der von ihm begleiteten Stellenbesetzungsverfahren nicht mehr zählen und hat viel zu erzählen. Auch für die Kulturbereiche der Stadt ist er immer wieder dabei und hier macht ihm die Begleitung besonders viel Spaß. Das liegt an der Diversität der ausgeschriebenen Profile und eingehenden Bewerbungen im Vergleich zu den formalen Kriterien und Profilen in den anderen Ämtern und Einrichtungen. 
 
Annika ist Masterabsolventin in Europäischer Ethnologie und befindet sich augenblicklich in einem Volontariat in einem Landesmuseum. Dieses endet in einem Monat und es besteht leider keine Aussicht auf eine Übernahme. Sie hat alle Stationen im Museum durchlaufen, besonders viel Spaß hat ihr die Mitarbeit in jenem Team bereitet, dass neue partizipative Formate ausprobiert, um das Museum attraktiver zu machen. Annika möchte ihr erworbenes Wissen in ähnlichen Kultureinrichtungen ausbauen und einbringen. Das deckt sich gut mit ihrem Studienabschluss. 
 
In der Landeshauptstadt ist die Stelle der Leitung des Stadtmuseums kürzlich mit Katharina neu besetzt worden. Das Stadtmuseum hat einen überregionalen Ruf und soll sich in eine neue Zukunft aufmachen. Bisher standen die bedeutenden Sammlungen im Vordergrund, der Zuspruch an Besuchen ließ jedoch über die Jahre stetig nach. Katharina will verändern und beabsichtigt eine Ausschreibung mit dem Aufgabenspektrum "Projektleitung Community Projekte". Der/die künftige Stelleninhaber*in soll nicht nur Partizipationsformate entwickeln und umsetzen, um museumsferne Zielgruppen für die Einrichtung neu zu gewinnen, sondern auch mit strategischen Partnern neue Allianzen ermöglichen. Darüber hinaus soll die Aufgabe beinhalten, nach innen als Katalysator für eine neue Haltung der langjährig Beschäftigten zu sorgen. 
 
Annika ist Feuer und Flamme, DIE Stelle ihres Lebens. 
 
Richtige Vorüberlegungen vs. 08/15-Vorgehen
 
Es ist eine Binsenweisheit, sich vor dem Schreiben einer Bewerbung im Internet über den künftigen Arbeitgeber zu informieren. Wie ist die Organisation, welche Trägerschaft besteht, sind Jahresberichte und Strategiepapiere abrufbar und kann man über die Verantwortlichen etwas in Erfahrung bringen? Das alles sollte man tun, denn sowohl im Anschreiben als auch im Auswahlverfahren machen sich zurückhaltend genutzte Verweise auf solche Quelle immer gut. Das ist besser als lediglich im Auswahlgespräch - sollte es denn ohne direkte Bezüge zur Organisation überhaupt dazu kommen - anzusprechen, dass man eine Stunde früher vor Ort war, um sich "einmal umzuschauen" (was die zu Beginn unangenehme Nachfrage miteinschließt: "Was ist Ihnen denn positiv und weniger positiv aufgefallen?"). Annika weiß, um was es für sie geht, und selbstverständlich recherchiert sie vorab umfassend zum Museum.
 
Auch hat Annika das Anforderungsprofil der Position angefordert, auf das auf der Website des Museums hingewiesen wurde. Bei dieser Gelegenheit konnte Sie schon kurz im Telefonat von sich und ihren Qualifikationen erzählen und die Mitarbeiterin hat sich ihren Namen notiert, sie war sehr an ihr interessiert. Annika ist voller Hoffnung. Sie hat einen ersten "Claim" gesetzt.
 
Das Anforderungsprofil hat Annika noch mehr Informationen geben. Sie weiß jetzt, welche fachlichen und außerfachlichen Anforderungen und Fähigkeiten gefordert werden und welche Gewichtung und Bedeutung diese im Auswahlverfahren haben werden. Annika ist überzeugt, gerade hier punkten zu können. Sie bringt vieles mit, das gibt ihr Sicherheit. Lediglich bei der Anforderung, zum betrieblichen Kulturwandel beitragen zu sollen, glaubt sie noch dazulernen zu müssen, obwohl sie ein kommunikativer Typ ist. Auch beim Projektmanagement hat sie noch Erfahrungslücken, sog. agile Methoden waren bisher nur am Rande ein Thema für sie.
 
Individuelles Anschreiben vs. copy und paste  
 
Annika macht sich an die Bewerbung. Gewissenhaft hat sie alle Unterlagen zusammengetragen und die Scans sehen tadellos aus, keine schlechten oder verrutschten Kopien. Unsicher ist sie, ob sie ein Bewerbungsfoto beifügen soll. Sie hat davon gehört, dass eine Bewerbung ohne Foto heute möglicherweise besser ankommt und die Aussichten steigert. Aber warum nicht, in der Ausschreibung ist dazu nichts gesagt. Zudem hat sie die Aufnahme aus dem Park von einer Fotografin gewählt, sie will sich von Aufnahmen aus dem Fotostudio oder in Passbild-Qualität abheben, schließlich zählt der erste Eindruck.
 
Beim ersten Schreiben der Bewerbung sind 1,5 Seiten zu Stande gekommen. Das ist zu viel. Annika kürzt, kann sich aber nur schwer zum Löschen durchringen, schließlich will sie ihre Qualitäten und die Anforderungen aus dem Profil zusammenbringen. Von copy and paste aus früheren Bewerbungsschreiben hat sie gehört, dass dies schnell erkannt wird. Sie hütet sich davor, Standardbewerbungen in "die Welt" zu senden, denn sie kennt nicht ausreichend die beruflichen Netzwerke der Museumsszene und möchte nicht, dass es "Gequatsche" gibt, frei nach dem Motto: "Ach die hat sich auch bei dir beworben?". 
 
Annika schafft es, alles auf eine Seite zu bringen, aber leider nur bei kleinerer Typo. Die Unterschriftsleiste ist jetzt sehr schmal geraten. Zudem hat sie beim nochmaligen Lesen gemerkt, dass sie nichts zu ihrer Motivation für die Position gesagt, sondern an einigen Stellen ihren Lebenslauf referiert hat. Das ist redundant, diese Passagen kann sie guten Gewissens löschen und etwas zu ihren Vorstellungen für die angestrebte Aufgabe schreiben. Sie merkt, dass ihr das ein Profil gibt. 
 
Sie setzt das Foto auf die erste Seite und darunter die wunderbare 5-zeilige Referenz des Chefs. Er hat ihre Qualitäten viel besser als sie es für sich kann auf den Punkt gebracht. Daraufhin liest Annika nochmals die Bewerbung - ist sie prägnant, schnell erfassbar und frei von Wiederholungen oder Schilderungen zur eigenen Lebensgeschichte? Ist ihre Motivation deutlich geworden und ohne auszuschweifen? Auch auf Absätze und die Gliederung schaut sie. Annika kürzt nochmals und jetzt passt alles locker auf eine Seite, auch in der gleichen Typo wie das CV. 
 
Lebenslauf und Anhang - nur nicht zu viel des Guten
 
Der Lebenslauf passt ebenfalls. Das Abiturzeugnis, Angaben zu ihren Eltern und Geschwistern und Hobbys gibt sie nicht mehr an, allerdings ihr ehrenamtliches Engagement aus früheren Zeiten und das aktuelle. Aufgrund ihres jungen Alters schreibt sie etwas ausführlicher über die studentischen Praktika und ihre Jobs während des Studiums, die mal mehr mal weniger gut als Grundqualifikation angegeben werden können.
 
Auch bei den Unterlagen ist sie sparsam. Zum einen will sie das elektronische Postfach des Empfängers nicht zumüllen, zum anderen nicht jede Unterlage mitsenden, die sie auf Nachfrage sofort beibringen könnte. Was sie aber in jedem Fall mitsendet sind ihre Arbeitszeugnisse, auch jene aus den Praktika, und das aktuelle Zwischenzeugnis aus dem Volontariat. Ihre Zertifikate und Teilnahmenachweise aus jüngerer Zeit fügt sie bei, schließlich hat sie u.a. einen Kurs zum Umgang mit Konflikten bei einem Träger der Jugendhilfe besucht. Uni-Nachweise zu Lehrveranstaltungen und Referaten lässt sie weg, auch gibt sie ihre zwei Veröffentlichungen nur als Link an, anstatt die zweimal 10 Seiten den Unterlagen beizufügen. 
 
Sie belässt es dabei, vor allem sind Anschreiben und CV top, die wenigen Unterlagen reichen zunächst aus, das Layout und der Gesamteindruck wirken frisch und nicht verstaubt, das digitale Foto mit der Referenz sticht heraus und ist beim Ausdrucken nicht verzerrt. Zudem hat Ihre beste Freundin gegengelesen.
 
Der zweite Teil dieses Beitrages erklärt den Prozess der Bewerbungsbegutachtung und beleuchtet, worauf es bei Vorstellungsgesprächen ankommt.

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