"Als Bürger fühlt man sich wahrgenommen"

 

In Deutschland gewinnt konzeptgestützte Kulturpolitik immer mehr an Bedeutung. Laut der Kulturpolitischen Gesellschaft erarbeiten Bundesländer, Landes- und Regionalverbände sowie Kommunen derzeit verstärkt Kulturkonzepte und -strategien zur Förderung von Kultur. In diesem Kontext kann auch das aktuelle Vorhaben der Stadt Ulm gesehen werden. Hier soll ein neues Kulturmarketing-Konzept helfen, das städtische Kulturangebot sichtbarer zu machen und gezielt zu vermitteln. Als Basis dient eine Studie unter Ulmer BürgerInnen, durchgeführt in Zusammenarbeit mit dem unabhängigen Berliner Institut für Kultur-Markt-Forschung (IKMF). 1.883 der insgesamt 10.000 angeschriebenen Ulmerinnen und Ulmer füllten den Fragebogen aus, entweder auf dem Papier oder online. 1.641 Fragebögen gingen dann als gültig in die Stichprobe ein. Die Ergebnisse sind als repräsentativ anzusehen.

 

Die Menge der kulturellen Angebote in Ulm und deren Unterhaltungswert bewerten die Befragten mit "gut", während die Zufriedenheit mit der Aktualität der Inhalte (durchschnittliche Schulnote: 2,53) und mit dem Bildungsanspruch etwas geringer ausfällt (durchschnittlich benotet mit 2,55). Deutliches Steigerungspotential besteht bei der Zufriedenheit mit dem Angebot für Kinder/Jugendliche sowie dem Innovationscharakter der kulturellen Angebote: Hier vergeben die Befragten im Durchschnitt lediglich die Schulnote 2,79 bzw. 2,85.

 

Über 60 Prozent stimmen der Aussage zu, dass das derzeitige Kulturangebot wesentlich zur Lebensqualität in Ulm beitrage. Auch die Wünsche zu künftigen Informationsangeboten fallen deutlich aus: Hoch im Kurs stehen eine gedruckte Veranstaltungsübersicht (58,8 Prozent), eine eigene Website zur Präsentation des Ulmer Kulturangebots (50,2 Prozent) sowie ein Newsletter zur Kultur in Ulm allgemein (26,5 Prozent). Fast 50 Prozent aller Befragten wünschen sich für die Zukunft generell eine stärkere Bündelung der städtischen Kulturinformation.

 

Dennoch, so die Analyse, könnten sowohl die Identifikation der Ulmerinnen und Ulmer mit dem örtlichen Kulturangebot als auch dessen Wahrnehmung größer sein. Auffällig ist zudem, dass sich das von den Befragten angegebene Kulturinteresse nicht zwangsläufig in einer entsprechenden Nutzung kultureller Angebote widerspiegelt, im Gegenteil: Das Interesse an kulturellen Angeboten liegt teilweise erheblich über der tatsächlichen Nutzung derselben. Erklärungen dafür gibt es viele: Neben nur schwer zu ändernden Hinderungsgründen wie z. B. Zeitmangel führen 26,7 Prozent der Nicht- oder Seltenbesucher an, dass das Angebot nicht ausreichend bekannt sei. 23,7 Prozent halten das Angebot für nicht so interessant, 11,4 Prozent haben nicht genügend Informationen zu Veranstaltungen/Einrichtungen. Auch die fehlende Begleitung bzw. der nicht interessierte Freundeskreis wird als Hinderungsgrund angegeben. 34,8 Prozent der Nicht- bzw. Seltenbesucher geben dementsprechend auch an, öfter kulturelle Veranstaltungen besuchen zu wollen, wenn die Hinderungsgründe nicht zuträfen. Hier können also Besuchspotenziale vermutet werden, die u. a. durch zentral gesteuerte kommunikative Maßnahmen aktiviert werden könnten.

 

Wie interessant die Ergebnisse der ersten Ulmer Bevölkerungsumfrage zum Thema Kultur auch sein mögen, einen tatsächlichen Nutzen erhalten sie nur, wenn dadurch Dinge angepackt werden. Die Rückmeldungen der Befragten flossen umgehend in die Arbeit des Fachbereichs Kultur der Stadt Ulm ein, derzeit setzt die Kulturabteilung in Abstimmung mit den städtischen Kultureinrichtungen das Kulturmarketing-Konzept in die Praxis um. Die mit der Umfrage begonnene Bürgerbeteiligung soll auch in Zukunft fortgeführt und bei der Weiterentwicklung der Kulturkommunikation berücksichtigt werden. Dass die Einbindung in politische Entscheidungsfindungen in Ulm gut ankommt, zeigt sich nicht nur an der regen Beteiligung der Ulmerinnen und Ulmer an der Befragung, sondern auch an den positiven Kommentaren der TeilnehmerInnen, die sich "als Bürger [..] wahrgenommen" fühlen und darüber freuen, "endlich aktiv mitmachen" zu können.

 

Die Zusammenfassung der Umfrageergebnisse ist unter folgendem Link zu finden: www.ulm.de/kulturumfrage. Ein ausführlicher Beitrag über die praktische Umsetzung des Kulturmarketing-Konzepts folgt in Kürze im KM Magazin.