06.02.2006

Autor*in

Günter Dull
Wortgebrauch Event

Das Ende der Events?

Ein redaktioneller Beitrag zur Entwicklung von zielorientierten Marketingveranstaltungen mit immer neuen Bezeichnungen. Oder: "Events waren gestern, Erlebniskommunikation ist heute".
Event ist eine Bezeichnung, die seit Anfang der 90er Jahre für Veranstaltungen aller Art verwendet wird, obwohl diese der direkten Übersetzung Event=Ereignis gar nicht gerecht werden.

Was sind Events und warum wurde dieser Begriff in der Veranstaltungsbranche überhaupt etabliert? Sinn und Zweck war die Unterscheidung zwischen Veranstaltungen, die ausschließlich zum Vergnügen durchgeführt wurden und Business-Veranstaltungen, die im Bereich Marketing zur Übermittlung einer klaren Botschaft und einer eindeutigen Zielsetzung versehen waren. Nur für diese Business-Veranstaltungen sollte eigentlich der Begriff Event verwendet werden. Events, also die echten, sind zwischenzeitlich Bestandteil des Marketing-Mixes jeder Firma mit einer aktiven Marketingabteilung. Deshalb wurde anstatt dem Begriff "Event" auch bald die neue Bezeichnung "Marketing-Events" verwendet. Dies sollte zur Unterscheidung von Events und Events dienen, nämlich Events, die einfach nur als Event bezeichnet wurden, jedoch gar keine waren, und Events, die tatsächlich als Marketing-Maßnahme genutzt wurden und mit der Zielsetzung versehen waren, dass sich die Gäste nach dem Event positiv an den Gastgeber, sein Produkt oder seine Dienstleistung erinnern sollen. Es gilt, eine Botschaft zu übermitteln. Und das geht nur in einem emotional ansprechenden, jedoch nicht zu aufdringlichen Umfeld. Eine überzogene, technische Materialschlacht mit riesigen Aufbauten kann genau das Gegenteil bewirken. Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen. Passend ist das Lieblingsmotto des Verkaufstrainers Joachim Bullermann: "Menscherlebnis kommt immer vor Materialerlebnis !"

Eine der wesentlichen Aufgaben bei Events ist, dass sich die Gäste, seien es Kunden, Mitarbeiter, Händler, Messe- oder Laufpublikum, mitten im Geschehen befinden und nicht nur passiv konsumieren. Nur über die persönliche und emotionale Ebene kann die entsprechende Aufmerksamkeit geweckt werden. Die tollste Idee, die aufwendigste Technik und die spektakulärste Attraktion verfehlen ihre Wirkung, wenn nicht berücksichtigt wird, dass der Gast einen Bezug herstellen und sich nach der Veranstaltung primär an das Produkt, die Dienstleistung und die Firma erinnern muss. Es gibt zahlreiche Faktoren für wirkungsvolle Events und Aktionen. Dazu gehören z.B. Beeinflussungstechniken, Soziologie, verhaltenswissenschaftliche Grundlagen, Erlebnisschemata, Dramaturgie, multisensuale Reize und vieles mehr. Für jede Marketingaktion ist es nötig, über die Menschen nachzudenken, die angesprochen werden sollen. Das Ziel ist das Erreichen der Zielgruppe. Dazu gehört im Rahmen des Events und darüber hinaus eine integrierte Kommunikation. Bei einem Event muss die Firma, dass Produkt und/oder die Dienstleistung positioniert, dass heißt, so ausgerichtet, dass sich das Angebot in den Köpfen der Verbraucher als attraktive Ware oder Dienstleistung festsetzt. Die Erinnerungsfähigkeit korelliert jedoch stark mit Originalität und Unterscheidbarkeit, so dass es eine der wichtigsten Aufgaben ist, innovative und außergewöhnliche Events, Produktpräsentationen, Messeauftritte, Roadshows und Marketingaktionen zu kreieren und zu realisieren. Ein klares Merkmal von Events ist nicht nur die Zielsetzung, sondern auch die Einzigartigkeit und die Dramaturgie. Marketing-Events müssen ein Ereignis sein!

Der Begriff Event ist jedoch mega-inflationär. Vermieter von Hüpfburgen und Aktionsspielgeräten bezeichnen diese sogar als Event. So steht zum Beispiel auf der Katalog-Titelseite eines Anbieters zum Beispiel: Mehr als 1000 Events. Dies ist nicht "im Sinne des Erfinders". Ein Event gibt es nicht aus dem Katalog und auch nicht aus der Tüte. Spätestens wenn auf der Hunderter-Packung Luftballons steht: "Enthält 100 Events", wäre es Zeit gewesen, einen neuen Begriff zu finden. So ganz aus der Luft gegriffen ist dies übrigens nicht. Immerhin steht ja auch auf jeder Packung Erdnüsse drauf: "Kann Spuren von Nüssen enthalten."

Event wird nicht nur als Bezeichnung für Marketing-Veranstaltungen verwendet, sondern auch in neuen Berufsbezeichnungen wie zum Beispiel dem Event-Manager. Es gibt bereits Studiengänge und Institute zur Ausbildung von Event-Managern. Die Ausbildung beinhaltet jedoch hauptsächlich den Bereich Projektmanagement, weniger den Bereich Event-Kreation. Ich bin sicher, dass mir alle Marketing-Eventagenturen recht geben, wenn ich behaupte: Ein Event steht und fällt mit der Kreation, mit der Idee, die den Bogen spannt zwischen Botschaft und Zielgruppe. Zu Kreation gehören Begriffe wie kreativ und Kreativität. Die richtig guten Eventmacher sind daher eher Event-Creator. Die Event-Manager setzen das Projekt lediglich um, planen, organisieren und kalkulieren es. Sie managen Events. Ein echter Event-Creator kann mit solchen festen Strukturen gar nichts anfangen, denn er verfügt über eine kreative Denkstruktur, die eher chaotisch ist. Kreative, emotionale Menschen sind rechtshirndominant, kognitiv, sachliche Menschen eher linkshirndominant. Wird aber bei der Ausbildung zum Eventmanager die Hirndominanz festgestellt? Wissen die Auszubildenden, welche Hirnseite bei ihnen dominant ist und wenn ja, wie hoch der prozentuale Anteil ist? Wissen die Menschen, die sich zum Eventmanager ausbilden lassen, überhaupt, ob sie kreatives Potential haben? Wird Kreativität in der Ausbildung zum Eventmanager gefördert? Bei den Instituten und Studiengängen ist jedenfalls nicht viel davon zu finden. Wenn die zukünftigen Fachleute für Events, eben die Eventmanager, nicht einmal von sich selbst wissen, wie sie psychisch funktionieren, wie wollen sie dann eine emotionale Plattform für die Zielgruppe schaffen? Ein hohes Potential an emotionaler Intelligenz und Empathie ist für einen Event-Creator jedoch unbedingt erforderlich. Nur so kann er es schaffen, sich in die Marketingstrategie und die Zielgruppe hinein zu versetzen.

 

Warum heißt dieser Beitrag "Das Ende der Events?"

Aufgrund des inflationären Begriffs "Event" und der Verwendung desselben für allerlei Aktionen und Angebote, ist sehr schnell der neue Begriff "Marketing-Event" für die zielorientierten Marketingveranstaltungen geschaffen und verwendet worden. So richtig glücklich war jedoch niemand damit, da sich der Begriff "Event" einerseits sehr schnell in den Sprachgebrauch der Branche festgesetzt hat, andererseits aber immer mehr an Aussagekraft verlor. Die Agenturen und Eventprofis wollten und wollen sich jedoch aus der großen Masse, die fast schon zu einem unübersichtlichen Brei geworden ist, abheben. Die Marketingfachleute der Agenturen müssen sie sich ja ebenfalls positionieren, was mit dem Begriff ?Eventagentur? nicht mehr gut klappt, auch wenn dieser Begriff weit verbreitet ist. Zwischenzeitlich gibt es zahlreiche neue Bezeichnungen, sozusagen als Ersatz für den Begriff "Event", "Marketing-Event" oder "Event-Marketing". So heißen die Fachagenturen heute nicht mehr Eventagentur, sondern zum Beispiel "Fachagentur für Live-Kommunikation", "Fachagentur für Erlebnismarketing", "Agentur für Direkt-Kommunikation", "Agentur für Community-Events", "Agentur für Live-Marketing", "Agentur für Flow-Marketing" und so weiter. Vielleicht wird sich einer dieser Begriffe in Zukunft etablieren und als eine etwas dauerhaftere und aussagekräftigere Bezeichnung für Marketingkommunikation werden können.

Die Zielsetzung bleibt die gleiche, auch wenn zwischenzeitlich der Bereich Kundenbindung und die Informationen aus den CRM-Datenbanken immer mehr für Events verwendet werden. Es sind immer bessere Informationen über die Zielgruppe vorhanden, die für die Inszenierung von Community-Events genutzt werden können, um die Ziele erlebbar zu machen und den Nerv der Menschen zu treffen. Diese Informationen führen zu persönlicheren Beziehungen zu den Kunden und ermöglichen Events, die neben der fachlichen Interessengemeinschaft (Business-Community) auch die private Interessengemeinschaft (Private-Community), die über ihre privaten Interessen und Hobbys angesprochen wird. Schon heute ist oft bekannt, welche Kunde oder Gast sich für Fußball, Golf, Fliegen oder Segeln interessiert. Halt, diese Aussage ist falsch. Sie müsste heißen: Es sollte bekannt sein. Fragen Sie mal ihre Vertriebsleute und Key-Accounts, ob sie Ihnen die Hobbys und Interessen Ihrer 5 Top-Kunden nennen können. Deren Friseur weiß es bestimmt.

Auf jeden Fall haben Marketing-Events, oder wie auch immer die zielorientierten Marketingveranstaltungen der Zukunft heißen mögen, einen festen Platz im Marketing-Mix und ein erhebliches Wachstumspotential. Auch die müdesten Marketingstrategen werden erkennen, dass der direkt Kontakt zum Kunde durch keine andere Werbeform zu ersetzen ist, was besonders in Zeiten der Reizüberflutung zutrifft. Nachdem über 98% aller Menschen die Werbebotschaften in den Massenmedien gar nicht mehr wahrnehmen und fast 75% aller Menschen die Werbeaussagen als unwahr und übertrieben einstufen, müssen Events, Messen, Promotions, Roadshows und andere Marketingaktionen die Brücken bauen. Den "Eventagenturen" wird dies gelingen, ob es dann noch Events gibt oder nicht.
 

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