07.05.2008

Autor*in

Thomas Mersich
studierte Musik- und Theaterwissenschaft sowie Kulturmanagement an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien. Er ist Gründer und Miteigentümer vom Musikverlag Mersich & Kiess Wien. Als Marketing Manager war er bei den Haydn Festspielen Eisenstadt tätig, beim Liszt Festival Raiding und für das Liszt-Jahr Lisztomania 2011.
Rückblick 5. Kultursponsoringgipfel 2008

Wie Kultur Kunden locken kann

Ein Rückblick auf den 5. Kultursponsoringgipfel.
Rund 200 Teilnehmer besuchten den 5. Kultursponsoring-Gipfel "Kultur lockt Kunden!" am 17./18. April 2008 in Köln, was eine neue Rekordteilnehmerzahl für die Veranstalter darstellt. Und man ist gewillt zu sagen: Es hat sich wieder einmal gelohnt, dabei zu sein! Insgesamt 25 Vorträge und Workshops standen auf dem Programm und schade war eigentlich nur, dass man aufgrund der oft parallel laufenden Foren nicht an allen teilnehmen konnte.

Mit einer ausgewogenen Beteiligung von Wirtschaft und Kultur wurde eine Vielfalt der Möglichkeiten des Sponsoring aufgezeigt: Die internationale Festivalszene war mit Ilona Schmiel (Beethovenfest Bonn) mit dem Thema "Public Viewing" und Suzanne Harf (Salzburger Festspiele) vertreten. Aus dem Bereich Theater stellten Dorothee Starke (Theater im Fischereihafen, Bremerhaven) und Philipp Contag-Lada (Staatstheater Darmstadt) das Kultursponsoring ihrer Häuser und Beispiele innovativer Werbung vor.

Beispiele aus dem Museumsbereich kamen von Petra van Rijn (Shell), die die Sponsorpartnerschaft mit dem Van Gogh Museum in Amsterdam präsentierte und von Dr. Wolfgang Guthardt (Phæno), Direktor einer 2005 errichteten, einzigartigen Experimentierlandschaft in Wolfsburg, die ihren Gästen auf unterhaltsame Weise einen anschaulichen Einblick in die faszinierenden Welten der Naturwissenschaft und Technik bietet und von der Agentur Causales zur Kulturmarke© des Jahres 2007 gewählt wurde.

Entwicklungen im Sponsoringmarkt und das Thema Markenbildung sowie die Messbarkeit von Sponsoring wurden in den Präsentationen von Hans-Willy Brockes von der Europäische Sponsoring Börse St. Gallen, Ad Maatjens vom Sponsor Magazine Amstelveen, Iris Lohner (Sport + Markt AG, Köln) und Hans-Conrad Walter (Agentur Causales, Berlin) vorgestellt.

Erstmals beim Kultursponsoring-Gipfel stark vertreten waren die Themen Standortstärkung und Musiksponsoring in der Popbranche. Stephan A. Vogelskamp (NOAH!) referierte über Kunstaktionen als Stadtmarketinginszenierung und Sören Birke (Consense) sowie der Unternehmensberater Jörg Riedel berichteten über die Kulturbrauerei Hamburg. Lars-Oliver Vogt (The Sponsor People, Hamburg) und Dirk Schade (Popkomm) sowie Marcus Rodermann (Payback) gaben umfangreiche Einblicke in die Praxis des Popmusiksponsoring. Zahlreiche weitere Vorträge komplettierten das Programm des 5. Kölner Kultursponsoring-Gipfels.

Fazit: Innerhalb der Vielfalt an durchwegs interessanten und umfangreichen Vorträgen sind best-practice-Beispiele im Kultursponsoring bei den Teilnehmern immer noch am beliebtesten. Besonders Modelle aus der Praxis, die verschiedene Projekte in ihrer Entstehung und Entwicklung gemeinsam mit innovativen Problemlösungsprozessen aufzeigen, stoßen auf großes Interesse. Kritisch steht man hingegen der Selbstdarstellung von einzelnen Persönlichkeiten und Institutionen gegenüber, die sich mit zu allgemeinen oder zu theoretischen Inhalten dem Zuhörer präsentieren. Hier ist die Gefahr groß, dass die Präsentation von den Teilnehmern als Eigenwerbung empfunden wird, zumal das Thema Kultursponsoring hier manchmal auch aus den Augen verloren wird. Nichtsdestotrotz ist der Kölner Kultursponsoring-Gipfel aufgrund der Internationalität der sich präsentierenden Marken, seiner thematisch breit gestreuten Vorträge und seiner kompetenten Referenten sehr informativ und für die Teilnehmer ein Gewinn. Um dem Leser einige Beispiele näher zu bringen, werden anschließend drei ausgewählte Vorträge ausführlicher beschrieben.

Geradezu brillant war der Vortrag von Marcus Rodermann, Marketingleiter von Payback, der ein Kultursponsoringprojekt im Rahmen der Deutschland-Tournee 2007 von Herbert Grönemeyer präsentierte. Payback das führende deutsche Bonuspunkteprogramm ist seit 7 Jahren am Markt und hat rund 21 Mio. Kunden. Zwei Drittel der deutschen Haushalte sammeln bereits Punkte, der Gesamtumsatz macht insgesamt 15 Mrd. Euro aus, was 10% des deutschen Einzelhandelsumsatz entspricht! 2006 jedoch stand man bei Payback vor neuen Herausforderungen. Im Marketing spürte man eine gewisse Unzufriedenheit: Die Marke war stark, aber zu wenig emotional. Durch gezielte Kultursponsoringmaßnahmen sollte die Marke emotional aufgeladen und "erlebbarer" gemacht werden.

Die Deutschland Tournee von Herbert Grönemeyer im Mai/Juni 2007 bot dazu die idealen Voraussetzungen: Grönemeyer ist mit 3,2 Mio. CD-Verkäufen in Deutschland der beliebteste Popstar, mit seiner Musik identifiziert sich ein Großteil der deutschen Bevölkerung, und seine Tournee war das Event-Highlight des Jahres. Und: Noch nie hat sich Herbert Grönemeyer für eine werbliche Nutzung zur Verfügung gestellt! Doch die ersten Gespräche mit dem Popstar gestalteten sich äußerst schwierig, zu weit auseinander waren die Vorstellungen der beiden Partner. Nach langen und zähen Verhandlungen konnte man sich schließlich doch auf ein Sponsoring einigen: 1 Mio. Tickets wurden durch das Sponsoringengagement von Payback mit je 500 Punkten versehen, die man als Einkaufsgutschein in der Höhe von 5 Euro exklusiv bei einem der 5 Partner einlösen konnte.

"Mit Payback ganz nah dran" war der Slogan einer umfassenden Werbekampagne, die das Sponsoring begleitete: Im Zentrum stand dabei ein TV-Spot, der auf sieben deutschen Sendern lief, mit einer Reichweite von 71% 46 Mio. Seher erreichte und dazu aufrief, den 5 Euro Coupon bei den Partnerbetrieben einzulösen. Wie turbulent und teils chaotisch die insgesamt vier Monate dauernde Entwicklung in der Konzeption und Produktion dieses Spots ablief, schilderte Marcus Rodermann auf packende Weise: mit gekonnter Rhetorik, einer großen Portion Humor und spannenden Geschichten inszenierte er die detaillierten Hintergründe und Abläufe der Kampagne in der Praxis ohne jegliche Schönfärberei oder überzogener Selbstdarstellung! Mehr kann man sich von einem Beitrag beim Sponsoringgipfel wohl kaum erwarten!

Für die Teilnehmer auch wichtig: Was hat das Sponsoring von Payback nun gebracht? Das Response auf das Sponsoringengagement war gewaltig: insgesamt 1 Drittel der Tickets wurden eingelöst. Payback erreichte mit seinem Engagement einen historischen Höchstwert bei der Markenbekanntheit, die qualitativen Dimensionen der Marke wurden deutlich verbessert und vor allem: Mitglieder und Partner waren vom Sponsoring gleichermaßen begeistert und beurteilten es als einmaliges Erlebnis. Und das, obwohl letztere die gesamte Kampagne mit 1,7 Mio. Euro finanzierten.

Eine wunderbare Story über Kultursponsoring als Standortstärkung war der Beitrag Die Stadt als Kultursponsor: Das Beispiel Rote Couch in Goch von Stephan A. Vogelskamp, der als Gesellschaftsführender Gesellschafter von NOAH! einer Fachagentur für Corporate Social Resposibility in Goch (Nordrhein-Westfalen) innovative Projekte an den Schnittstellen der Lebensbereiche Stadt, Kultur und Wirtschaft realisiert: Seit über 20 Jahren zieht der weltberühmte Fotokünstler Horst Wackerbarth mit seiner Fotoausrüstung und seiner Roten Couch durch die Welt. An den entlegensten Orten der Welt entstehen faszinierende Bilder von Menschen, die der Künstler einlädt, auf der Couch Platz zu nehmen und von ihrem Leben zu erzählen. Die so entstehende Fotoserie Gallery of Mankind ist das enzyklopädische Lebensprojekt des Düsseldorfer Foto- und Videokünstlers. Auch viele prominente Persönlichkeiten aus der ganzen Welt wie z.B. Michael Gorbatschow, Lord Yehudi Menuhin oder Sir Peter Ustinov haben bereits auf der Couch Platz genommen und so wurde die Rote Couch immer mehr zum Symbol einer neuen Kommunikationskultur. Aber was bewegt eine Kleinstadt wie Goch mit ca. 34.000 Einwohnern zu einem gemeinsamen Projekt mit dem aktionistischen Fotokünstler? Auslöser der Geschichte war der geplante Neubau des Rathauses in Goch, der in vielen Teilen der Bevölkerung Widerstand hervorrief. Um diesen Widerstand zu durchbrechen und um zwischen den Fronten zu vermitteln, bedurfte es einer völlig neuen Art der Kommunikationskultur, und so startete man im Sommer 2006 das Projekt Goch auf der Roten Couch: Die Stadt beauftragte Horst Wackerbarth mit einer Serie von 26 Fotoarbeiten, die im Verwaltungsneubau untergebracht werden sollten. Platz genommen auf der Couch haben diesmal Gocher Bürgerinnen und Bürger, die Wackerbarth stellvertretend für die Bevölkerung der niederrheinischen Stadt portraitierte und die so das neue Haus symbolisch für alle in Besitz nahmen. Dieses Projekt symbolisierte somit die Übergabe des Neubaus an die Bevölkerung und involvierte die gesamte Stadt in die Kommunikation über das umstrittene Thema, denn die rote Couch wurde für Goch über viele Monate zum Kommunikationsort für Menschen, die sich zuvor einander nichts zu sagen gehabt hatten.

Die Gesamtkonzeption dieses Projektes beinhaltete insgesamt 12 einzelne Schritte. Am Beginn stand eine Präsentation des Projektes, begleitet von einer thematischen Einführung über Leben und Werk von Horst Wackerbarth im Museum Goch durch seinen Direktor Dr. Stephan Mann. Mit dem Thema Die Couch kommt nach Goch wandte man sich nun an die Medien, die für die geplante Kunstaktion öffentliches Interesse erweckten. Beim anschließenden Voting konnte die Bevölkerung ihre bevorzugten Persönlichkeiten auf die Couch wählen. In einer Vorschau im Gocher Museum hatte die Prominenz die erste Möglichkeit alle 26 fertigen Bilder zu bestaunen, bis diese dann endlich als Höhepunkt im Rahmen eines wahren Volksfestes mit über 10.000 Schaulustigen ins neue Rathaus einzogen. "Wer ist auf den Fotos zu sehen?" diese Frage war zum zentralen Interesse der Bevölkerung geworden. Das Interesse für die Kunstaktion hatte den Streit um das neue Gebäude völlig in den Hintergrund gedrängt. Zusätzlich bewirkte ein enormes Medienecho, dass die Stadt Goch die Aufmerksamkeit der gesamten Region auf sich zog. Als Resultat konnte man schließlich die erhofften Erfolge verbuchen: Die Akzeptanz des neuen Rathauses in der Bevölkerung war gesichert, man konnte eine breite Öffentlichkeit mit dem Projekt durch die Medien erreichen, Stadtkultur wurde erlebbar gemacht und die Stadt konnte nun mit der "Gocher Serie" ein bedeutendes Kunstwerk ihr Eigen nennen. Das Projekt, das mit ca. 400.000 Euro aus dem Budget "Kunst am Bau" finanziert wurde und immerhin ein sechsstelliges Werbehonorar verschlang, hatte sich ausgezahlt. Die "Gocher Serie" ist mittlerweile international im Gespräch und wurde u.a. bereits in Moskau gezeigt.

Das Handy ist aus dem täglichen Leben kaum mehr wegzudenken. In Japan, aber zunehmend auch bei uns, wird es vielfach als einziger ganzheitlicher Computer zum Kommunizieren, Surfen und Einkaufen verwendet. Was liegt näher, als es auch für die Bewerbung von Kulturinstitutionen zu nutzen?!

In dem zukunftsweisenden Vortrag mit dem Titel "Mobile Advertising Wie sich klassische Werbung mit der mobilen Welt verbinden lässt" von Philipp Contag-Lada, der selbst aus der klassischen Werbung kommend die Marketingabteilung am Staatstheater Darmstadt leitet, wurden die Möglichkeiten mobiler Werbung aufgezeigt.

Das Staatstheater Darmstadt hat auf klassischen Werbeplakaten (z.B. an Bushaltestellen) so genannte QR Codes angebracht, die mit Hilfe des Mobiltelefons erfasst werden können. Man braucht bloß sein Handy auf den Code zu halten und kann so Spielplaninformationen, Werbetrailer oder Soundtracks abrufen. Die Verbindung zum Sponsoring liegt nahe: Botschaften können in diese Mediendateien integriert und Logos platziert werden.

Die hierfür erforderliche Software ist kostenlos im Internet herunterzuladen einzige Voraussetzung ist ein internetfähiges Handy. Und über dieses verfügen in erster Linie Geschäftsleute ab 35 eine durchaus interessante Zielgruppe für ein Theater. Aber auch Jugendliche können angesprochen werden. Denn je nach Zielgruppe können Inhalte unterschiedlich gestaltet werden: von der vereinfachten Ticketbestellung oder der Spielplanabfrage bis hin zu 30-sekündigen Inhaltsangaben des Stücks in Comicversionen oder dem coolen Soundtrack des kommenden Musicals als Podcast. So finden sich QR Codes des Staatstheaters Darmstadt nicht nur auf Plakatwänden, sondern auch statt der traditionellen Insertionen als Stopper in Magazinen und Zeitschriften.

Die Zugriffsraten sind bislang noch nicht überwältigend, gesteht der Marketingleiter, sie schwanken je nach Medium zwischen 0 und 400 pro Woche. Doch der große Vorteil dieser Werbeform liegt auf der Hand: man kann ganz genau ersehen, welche Inserate oder Plakatwände registriert wurden, denn jeder Abruf wird vermerkt. Die altbekannte Klage von Henry Ford Die Hälfte unserer Werbeausgaben ist nutzlos. Wir wissen nur nicht welche!" gehört somit der Vergangenheit an. Während hierzulande 20% der Menschen ein Internet über ihr Handy nutzen, so sind es im Vorreiterland Japan 60%. Schon in wenigen Jahren könnte also auch bei uns mobile Werbung elementarer Bestandteil jedes Marketingkonzeptes sein.
 

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