04.10.2023

Themenreihe klimafreundlich

Autor*in

Kirsten Pick
ist wissenschaftliche Referentin der Stiftungsleitung im Museum für Kommunikation Frankfurt. Sie studierte Ausstellungsgestaltung und Empirische Kulturwissenschaft und arbeitete anschließend im Deutschen Ledermuseum und für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in der Ausstellungskonzeption und Öffentlichkeitsarbeit. 
Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe

Von Quick Wins zu Langfristigkeit in den Museen für Kommunikation

Das Thema Nachhaltigkeit in nur einer Kultureinrichtung zu implementieren, kann schon eine Herausforderung sein. Was bedeutet es dann erst für eine Stiftung mit mehreren Häusern in verschiedenen Städten? Einen echten Mehrwert und Katalysator! So sehen es zumindest die Museen der Stiftung Post und Telekommunikation.

Themenreihe klimafreundlich

Die Museumswelt, als einen der größten Emittenten von CO2 im Kultursektor, beschäftigt intensiv die Frage der Nachhaltigkeit. Doch wo beginnen bei knappen Kassen und hoher Arbeitsauslastung? Bisher war das Thema in der Museumsstiftung Post und Telekommunikation (MSPT) - zu der die drei Museen für Kommunikation in Berlin, Frankfurt und Nürnberg gehören - vor allem bei Entscheidungen zur Energieversorgung relevant, zumal wenn diese mit Einsparungen einhergingen (beispielsweise die Beleuchtungsumstellung auf LED, das Abschalten der Klimaanlagen in Depots, die Temperaturen stabil halten konnten, oder die Installation eines eigenen Blockheizkraftwerk zur Stromerzeugung etc.). Mit der Entwicklung der Ausstellung "Klima_X" in Frankfurt nahm in den Museen für Kommunikation die Beschäftigung mit dem Thema Nachhaltigkeit dann 2021/2022 "von innen heraus" richtig Fahrt auf und hat seitdem die gesamte Stiftung in etlichen Bereichen verändert.
 
Show, don’t tell
 
Den Ansatz, Nachhaltigkeit in bestehenden und zukünftigen Prozessen mitzudenken, empfiehlt auch der Deutsche Museumsbund (siehe Leitfaden Klimaschutz im Museum, 2023). Entsprechend setzte durch unsere Beschäftigung mit dem Thema im Zuge der Ausstellungskonzeption ein sich verstärkender Prozess ein, der Auswirkungen auf unsere Häuser, unsere Gäste und unsere Arbeitsabläufe insgesamt hatte und hat. Die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden, das für die Ausstellung inhaltlich Erarbeitete auf die eigenen Arbeitsbereiche anzuwenden, war überwältigend. 
 
Beispielhaft sind als Transformationen seitdem zu nennen: die nachhaltige Ausstellungsgestaltung und anschließende Weiterverwertung der Ausstellungsmöbel für die Klima-Ausstellung, der Ersatz des Rasens auf dem Dach des Museums für Kommunikation in Frankfurt durch eine Magerwiese, die in den Sommermonaten viel weniger bewässert werden muss und die Artenvielfalt fördert, das Aufstellen von Hochbeeten vor dem Haus während der Ausstellungslaufzeit, die Erweiterung des Café-Angebots im Museum um vegane Alternativen und um die Option "Mehrweg-ToGo-Becher" usw. Darüber hinaus wurde die Zusammenarbeit mit engagierten Institutionen in den Bereichen Naturwissenschaft, Klima- und Umweltschutz, beispielsweise dem Frankfurter Senckenberg Naturmuseum, der Bundesstiftung Umwelt oder dem Frankfurter Zoo begonnen. Diese beteiligten sich beispielsweise an unserem Begleitprogramm mit speziellen Führungen oder unterstützten uns monetär. Und es folgte ein reger Austausch mit unseren Gästen, Kooperationspartner*innen und intern mit unseren anderen Standorten zum Thema. 
 
All diese Erfahrungen - auch ganz praktischer Art im Hinblick auf Beständigkeit, Brennbarkeit und Bedruckbarkeit von nachhaltigen Ausstellungsmöbeln - werden auch für unsere zukünftige Arbeit wertvoll sein. Nach fast einem Jahr Ausstellungszeit im Museum für Kommunikation Frankfurt ist "Klima_X" ab dem 29. September 2023 bis zum 25. August 2024 im Berliner Schwestermuseum zu sehen. Auch hier geht die Ausstellung einher mit einer Vernetzung mit relevanten Institutionen und nachhaltigen Aktivitäten. 
 
Nachhaltig bedeutet dauerhaft
 
Jenseits der Ausstellungsarbeit war das Ziel der Stiftungsleitung, alle Mitglieder der Teams und Standorte in den Austausch und ins Handeln zu bringen. Um alle Mitarbeitenden auf einen ähnlichen Wissens- und Motivationsstand zu bringen, nutzten wir das zweijährlich stattfindende "Stiftungstreffen" als Plattform für einen Bottom-Up-Prozess zum Thema Nachhaltigkeit. Rund 100 Mitarbeitende aus sechs Standorten (aus den drei Museen für Kommunikation, den beiden Sammlungsdepots und dem Archiv für Philatelie, Bonn) entwickelten bei einem zweitägigen Treffen in Berlin Ideen und tauschten sich zur Frage aus, wie die MSPT sozial, ökonomisch und ökologisch nachhaltiger werden kann. Eine Umfrage zum Thema im Vorfeld des Stiftungstreffen bestätigte mit einer überragenden Rücklaufquote von 66 Prozent zum einen die große Relevanz von Nachhaltigkeit für die Belegschaft. Zum anderen diente sie aber auch dazu, das Thema vorab zu reflektieren, und als Einstimmung auf das Stiftungstreffen. 
 
Das Treffen war ein gelungener Auftakt und unterstrich die Absicht der Leitung, in puncto Nachhaltigkeit einen nächsten Schritt zu gehen. Beim Stiftungstreffen stellten wir uns zunächst die Frage: "Wo sind wir bereits nachhaltig?" So konnten wir Bestehendes, aber nicht allen Mitarbeitenden Bekanntes teilen, beispielsweise dass die Museumsstiftung bereits seit vielen Jahren Ökostrom nutzt, was Erstaunen hervorrief. Oder auch, dass bereits Prüfungen zur weiteren Dachbegrünung oder PV-Anlagen-Nutzung stattfinden. Im Zentrum der Überlegungen stand, wie wir zukünftig in etablierten Prozessen und innerhalb aller drei Nachhaltigkeitsdimensionen Fortschritte machen können. Vom Mitbringen eigener Handtücher über den Onboarding-Prozess als Aspekt sozialer Nachhaltigkeit bis zum papierlosen Büro - abteilungsübergreifend diskutierten wir die Herausforderungen und Möglichkeiten in einem "Nachhaltigkeitsforum" an Flipcharts, um anschließend mögliche Visionen und Lösungsvorschläge zu ausgewählten Themen in Kleingruppen zu vertiefen. Themen und Fragestellungen waren so gewählt, dass wir weniger entlang der Verantwortungsbereiche und Abteilungen Ideen entwickelten, sondern vor allem entlang des Arbeitsalltags: z. B. "Transport und Mobilität", "Arbeitsorganisation und Büroausstattung", "Beleuchten, sanieren und begrünen". 
 
Im Anschluss analysierten wir unsere Ideen und Ansätze und clusterten sie in fünf Handlungsfelder: "Bewusster Umgang mit Ressourcen", "Arbeitsbedingungen und Prozesse", "Kommunikation und Programminhalte", "Mobilität und Transport" und "Rahmenbedingungen - Nachhaltigkeit ermöglichen". Außerdem ordneten wir alle Ideen in einer Zeitschiene von kurzfristigen "Quick-Wins" - etwa die Anschaffung eines Wassersprudlers - bis hin zu langfristigen Maßnahmen - wie Solarpaneele oder weitere Fahrradstellplätze -, die wir sukzessive umsetzen werden. Für die Museumsstiftung zeigt der bisherige Prozess das große Potenzial, Querschnittsaufgaben in bestehende Kernaufgaben zu integrieren und sie auch mit den vertrauten "musealen Mitteln" zu bearbeiten. 
 
Digital Cleanup
 
Auch externe Initiativen können als Anstoß für Kultureinrichtungen genutzt werden, um innerhalb und außerhalb des Hauses auf nachhaltige Handlungsoptionen aufmerksam zu machen und Impulse zu geben. Beispielhaft steht hierfür der "Digital Cleanup Day" an dem sich die MSPT mit allen Standorten erstmals im März 2023 beteiligte. Das analoge Pendant, der weltweit stattfindende "Word Cleanup Day", ist eine Plattform für Freiwillige, die in der Nachbarschaft, in Schulen oder in ihrer Kommune Müll aufsammeln. Der Ansatz ist global und entspringt dem Gedanken "Think global - act local", auch vor dem Hintergrund, dass der vor Ort weggeworfene Müll globale Auswirkungen haben kann. 
 
Der Digital Cleanup Day, der von der gemeinnützigen Organisation "Let‘s Do it! Germany e.V." seit 2018 im März ausgerufen wird, nimmt dagegen den digitalen Datenmüll ins Visier. Die Leitung der Stiftung wollte dafür sensibilisieren, dass auch digitale Daten für den CO2- Ausstoß relevant sind: Jede nichtgeschriebene oder gelöschte Mail und jede nicht (mehr) gespeicherte Datei machen einen (kleinen) Unterschied. Leider finden beide Cleanup-Tage (sowohl analog als auch digital) an Wochenenden statt, so dass wir zwar die Initiative als Anlass und Motivator nutzten, aber unsere "MSPT-Aktion" auf den Freitag vorverlegten: Eine persönliche Mail der Stiftungsleitung an alle Mitarbeitenden rief zur Teilnahme auf, erläuterte das Procedere und erinnerte an die einzuhaltenden Löschfristen von rechtsverbindlichen Dokumenten. Außerdem bereiteten wir eine Excel-Liste vor, in die jede*r Mitarbeiter*in die Höhe der gelöschten GB eintragen konnte, um einen Überblick zu erhalten und idealerweise ein Erfolgserlebnis. Die Resonanz war zwar in diesem ersten Durchlauf weniger groß als erhofft (rund 5% Mitmachquote), doch es konnten einige unnötige GB von unseren (Mail-)Servern gelöscht und unsere Belegschaft für die Probleme durch Datenmüll sensibilisiert werden. 
 
Die erstmalige Teilnahme am DCD war jedoch nur der erste Schritt. In unserem internen Newsletter erinnern wir seitdem quartalsweise daran, auch außerhalb des Digital Cleanup Days Daten zu löschen, das Mailfach zu bereinigen, Datei-Dubletten zu entfernen und sich von ungelesenen Newslettern wieder abzumelden. Der nächste Schritt muss sein, Prozesse langfristig zu verändern, so dass wir zukünftig (immer) weniger Datenmüll produzieren. 
 
Strukturelle Einbindung
 
Die Museumsstiftung Post und Telekommunikation hat sich gegen ein "Projekt Nachhaltigkeit" oder eine "Nachhaltigkeits-AG" entschieden. Sie will den Weg gehen, nachhaltiges Handeln dauerhaft in ihren Kernprozessen zu verankern und dem Thema auch zukünftig Raum zu geben. In unserem Fall kamen viele Impulse aus der Entwicklung der Ausstellung "Klima_X" und damit aus den Inhalten und Hauptarbeitsbereichen eines Museums. Das ist auch auf andere Querschnittsthemen übertragebar, wie beispielsweise Inklusion, Digitalisierung oder Diversität, indem sie in die Sammlungsarbeit oder die Ausstellungs- und Programmplanung einfließen. 
 
Unser Ziel ist, den "Schwung" und die hohe Motivation der Mitarbeitenden aufrecht zu erhalten, die durch die Beschäftigung mit der Ausstellung "Klima_X" entstanden sind. Es bleibt aber eine große Herausforderung, bei dieser Erfolgsgeschichte dauerhaft am Ball zu bleiben, wenn im übervollen Arbeitsalltag neue Anforderungen hinzukommen und oft nur kleine Aspekte umgesetzt werden können. Dafür braucht es Raum für Erfahrungsaustausch und immer wieder aufs Neue Impulse für nachhaltiges Handeln, um den Prozess der kleinen Schritte weiterhin zu verfolgen.
 

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