11.05.2017

Themenreihe Festivalmanagement

Autor*in

Lena Fließbach
Ausbildungswege in die Festivalbranche

Ganzjährige Vorfreude

Ob in den Bereichen Musik, Kunst, Literatur, Film oder der Theaterwelt die Festivalbranche wächst stetig. Welche beruflichen Möglichkeiten bietet das und wie können sich KulturmanagerInnen für die besonderen Anforderungen im Festivalmanagement aus- und weiterbilden?

Themenreihe Festivalmanagement

Kaum ein Festival verläuft reibungslos, immer wieder können unvorhersehbare Ereignisse auftreten: Ein Unwetter, das das Gelände flutet, KünstlerInnen, die kurzfristig absagen, ein Gesetz, das geändert wird, oder Fälle von Vandalismus. Björn Kagel vom Management des Immergut Musikfestivals in Neustrelitz weiß aus eigener Erfahrung, wie man bei einem solchen Zwischenfall reagieren muss: "Bei einem Festival wird einiges an Wechselgeld benötigt z.B. für Bars und den Merchandise-Verkauf." Vor drei Jahren kam es zu einem Fehler der Bank: Sie stellte dem Festival zu wenige Münzen zur Verfügung. Bereits am ersten Abend war das Kleingeld alle. Daraufhin schickten Björn Kagel und sein Team Fahrer zum Wechseln zu nahegelegenen Tankstellen und Spielotheken und brauchten am nächsten Tag die Münzreserven jeder Sparkasse und Bank der Stadt auf. Unvorhergesehene Ereignisse wie dieses erfordern Problemlösungsfähigkeiten und Belastbarkeit, auch Flexibilität und Kreativität sind wichtige Komponenten im Anforderungsprofil.

Als FestivalmanagerIn ist man verantwortlich dafür, dass die Veranstaltung im Gedächtnis bleibt und alle Beteiligten eine gute Zeit haben. Zudem muss man Konzepte, Strategien und Finanzierungsmodelle entwickeln, mit Sponsoren verhandeln sowie Vermittlungs- und Pressearbeit leisten. Zudem sind wie in jedem Kulturbereich weitere spezielle, über das grundlegende Handwerkszeug hinausreichende Kompetenzen unverzichtbar. Doch wie kann man sich diese am besten aneignen?

Herausforderungen und Kompetenzen

FestivalmitarbeiterInnen haben häufig ganzjährige Arbeitsstellen, die von zwei unterschiedlichen Modi geprägt sind: der Festivalzeit und der Nicht-Festivalzeit. Festivals sind durch ihre inkonstanten Belastungsphasen und Intensitäten gekennzeichnet. Das muss man aushalten und damit umgehen können, sagt Martin Zierold, Professor für Kulturmanagement an der Karlshochschule in Karlsruhe und an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Während das Festival stattfindet, muss man viele Informationen parat haben und schnell Entscheidungen treffen können. Da ist es wichtig,
einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht in Hektik zu verfallen. bestätigt auch Björn Kagel.

Die meisten Festivals finden nur einmal im Jahr und für einen begrenzten Zeitraum statt. Dementsprechend sollte man in der Lage sein, die Veranstaltung ganzheitlich zu entwerfen, langfristig zu planen und umzusetzen. Da das Endprodukt zu Beginn der Planung in weiter Ferne liegt, braucht es zudem Geduld, bis man für seine Arbeit ein Erfolgserlebnis verzeichnen kann. Eine weitere wichtige Kompetenz ist es dabei auch, Beziehungen auf lange Sicht aufzubauen und den Kontakt zu allen StakeholderInnen zu pflegen auch wenn es nicht das gesamte Jahr über Anlässe gibt, um mit dem Publikum zu kommunizieren. Vorfreude zu generieren ist das A und O des Festivalmanagements. Das ist das, was die Arbeit so wertvoll und so schön macht. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, sagt Tina Heine, die Künstlerische Leiterin des Salzburger Festivals Jazz & The City.

Ein Merkmal von Festivals ist zudem die Kooperation mit Institutionen und Menschen aus der Region. Das Team des Immergut Festivals arbeitet mit einem Gymnasium in Neustrelitz zusammen, um bereits Elftklässler für die Festivalarbeit zu begeistern. Viele Festivals arbeiten zudem mit Freiwilligen. Ein Kernteam dieser Ehrenamtlichen kann über das ganze Jahr involviert sein, zur Festival-Zeit kommt dann häufig eine große Anzahl an HelferInnen hinzu. Deshalb spielt das Zusammenspiel der verschiedenen Akteure bei der Festivalorganisation eine entscheidende Rolle. Dazu gehört, dass sich die Fachkräfte und Beteiligten regelmäßig austauschen und abstimmen. Die Leitung muss hier nicht nur an das Kollegium glauben und auf Qualität achten, sondern auch mal Mut zur Lücke haben. Die Kraft liegt in der Vielfalt der Kompetenzen. Das Wichtigste ist die Fähigkeit, gute Leute zu finden und ein Team aufzustellen, einzelne Stärken zu erkennen und vor allem zu delegieren und abzugeben betont Tina Heine.

Hinter jedem Festival stecken einzigartige Ideen. Innovative Konzepte und Ansätze einzubringen und auf aufkommende Trends zu reagieren, ist unerlässlich. Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt in der Festivalindustrie eine immer größere Rolle und sollte mitgedacht werden. Ob Müllvermeidung durch Mehrwegbecher, regionales Catering oder Ökostrom hier müssen vermehrt Maßnahmen geplant und etabliert werden. Nachhaltiges Denken stellt nicht nur ein wichtiges Positionierungsmerkmal für die Veranstalter dar, sondern auch einen wirtschaftlichen Faktor, da dadurch Kosten reduziert werden können.

Die wichtigsten Kompetenzen sind zusammengefasst:
 
  • Problemlösungsfähigkeiten und Belastbarkeit
  • Flexibilität und Kreativität
  • langfristige Konzeptionsfähigkeit und Geduld
  • strategisches Denken
  • Entscheidungsfreudigkeit
  • Networking und Beziehungspflege
  • Aufgaben delegieren und Teams zusammenstellen
  • Gefühl für Trends und Innovationen
Vom Studium ins Festivalmanagement

Der Einstieg in die Festivalarbeit ist vielseitig. Tina Heine nutzte ihre Erfahrungen aus der Gastronomie und ihre Leidenschaft für Jazz, um ein neues Festival ins Leben zu rufen. Björn Kagel hat als Helfer beim Immergut Festival angefangen und nach und nach mehr Verantwortung übernommen. Ihm kam sein Businessadministration-Studium zugute: Die meisten, die sich ehrenamtlich einsetzten, haben nicht viel Lust, sich mit so drögen Sachen wie dem Jahresabschluss auseinanderzusetzen. Kulturmanageriales Grundwissen in diesen Bereichen ist also eine wichtige Basis.

Aktuell können viele Wege in den Festivalbereich führen, bestenfalls weisen FestivalmanagerInnen sogar viele Facetten auf. Sie können sich Know-How in Eventorganisation erarbeitet haben oder gut mit Zahlen umgehen können, aber auch mit Fachwissen punkten und Musik oder Kunst studiert haben. Es gibt nicht den einen Königsweg. Man kann nicht sagen, dass eine bestimmte Strategie besonders gut funktioniert. Es geht immer darum, als Person im Gesamtpaket zu überzeugen, bestätigt auch Martin Zierold.

Noch gibt es im deutschsprachigen Bereich kaum speziell auf die Festival-Landschaft ausgerichtete Studiengänge. Der Wunsch, im Festivalbereich zu arbeiten, nimmt aus meiner Wahrnehmung zu, jedoch hat das Angebot nicht Schritt gehalten stellt Martin Zierold fest. Es gibt Studiengänge, die stark projektbezogen arbeiten, in denen es sehr intensive Arbeitsphasen gibt, zum Beispiel in Karlsruhe und Hamburg. Solche Studiengänge bereiten auf eine Spezifik des Festivalbetriebs vor ergänzt er. Eine Ausnahme bildet das größte Studierendenfilmfestival Europas Sehsüchte in Potsdam-Babelsberg: Studierende der Medienwissenschaft sowie HelferInnen aus anderen Studiengängen der Filmuniversität Babelsberg organisieren das Festival alljährlich in Eigenregie. Dieser Weg kann sich auszahlen: Svenja Böttger, eine Absolventin des Studienganges, ist seit letztem Jahr Leiterin des Max Ophüls Festivals in Saarbrücken.

Event- oder Kulturmanagement-Studiengänge können also mit den Zusammenhängen und Abläufen des Managements von großen Veranstaltungen wie Festivals vertraut machen. Wer eher aus dem künstlerischen Bereich kommt und im kaufmännischen Bereich arbeiten möchte, kann sich über betriebswirtschaftliche Studiengänge oder Ausbildungen wie zur/m Veranstaltungskaufmann/-kauffrau eine solide Basis aneignen. Doch ein Studiengang oder eine Ausbildung allein reicht nicht als Eintrittskarte in diesen Bereich. Studierende sollten Initiative zeigen, Erfahrungen in der Praxis sammeln und Kontakte knüpfen. Die meisten Kompetenzen, die man für das Management von Festivals braucht, sind im täglichen Leben erlernbar sagt Uwe Wagner, Geschäftsführer der Neunkircher Kulturgesellschaft. Bei vielen Bewerbungsgesprächen habe ich das Gefühl, dass romantische Vorstellungen vorherrschen. Hier ist es am besten, praktische Erfahrungen zu sammeln. Da die Arbeit mit jungen Freiwilligen systemimmanent ist, gibt es hier ein großes Angebot. Außerdem bieten viele Festivals Praktika und kleine Jobs an.

Zusammenfassung

Insgesamt lässt sich festhalten, dass es vielfältige Wege in die Festivalarbeit gibt und praktische Erfahrungen ebenso nützlich sein können wie Fachwissen oder betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Wer eine berufliche Laufbahn im Festivalmanagement anstrebt, sollte sich deshalb zunächst fragen, in welchem Tätigkeitsbereich der Festivalarbeit sie/er bevorzugt arbeiten möchte. Daraufhin überprüft man bestenfalls, welche Kompetenzen und Eigenschaften man für diese Arbeit bereits mitbringt und in welchen Bereichen es noch Entwicklungsbedarf gibt. Mögliche Defizite lassen sich durch ein Studium, eine Weiterbildung oder in Eigenregie mittels entsprechender Literatur ausgleichen. Zudem ist es empfehlenswert, Erfahrungen durch Jobs oder Praktika bei einem Festival zu sammeln, Kontakte zu knüpfen, Beziehungen aufzubauen und sich mit Kollegen auszutauschen. Welchen Weg ins Festivalmanagement man auch immer einschlägt, am Ende zählt vor allem Eines: die Persönlichkeit.
 

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