18.06.2010

Autor*in

Dagmar Frick-Islitzer
Best Practice

Innovativ unterwegs Kulturprojekte und Kreativ-Workshops für Unternehmen

In der Wirtschaft ist nicht nur Knowhow, sondern auch künstlerisches Handeln gefragt. Kultu r und Wirtschaft zusammenzubringen, ist das Credo von Dagmar Frick-Islitzer. Sie entwickelt und führt Kulturprojekte und Kreativ-Workshops für Unternehmen durch. Kultur bietet eine Vielzahl an Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Sie eröffnet Potenziale für Firmen, neue Sichtweisen, kreative Handlungsansätze und Teamkompetenz. Die Auseinandersetzung mit Kultur dient der Förderung, Weiterentwicklung und Gesundheit von Mitarbeitenden.
Kunst und Kultur können ein Instrument sein, das ermöglicht, Regeln zu durchbrechen, festgefahrenen Konventionen entgegen zu wirken. Durch die Vermittlung künstlerischer Kompetenzen in ökonomische Kontexte können neue Perspektiven eröffnet und den Blick für Alternativen geschärft werden. Die möglichen Ansätze hierfür sind zahlreich. So können kreative Prozesse und künstlerische Interventionen zur Innovationsförderung genutzt werden, sie können dazu dienen, die Werte im Firmenleitbild im Unternehmen selbst zu verankern. Künstlerische Aktivitäten in Unternehmungen und Auseinandersetzungen mit den kulturellen Ressourcen des Menschen tragen dazu bei, unternehmerische Werte, aber auch Abläufe von Arbeitsprozessen zu hinterfragen und überholte Strukturen zu erneuern. Kunst und Kultur in den Unternehmungen können zu Konfrontation führen. Die Auseinandersetzung im kreativen Prozess der als unerschöpfliche Ressource, gar als Öl des 21. Jahrhunderts mystifiziert wird - lässt Platz für neues Gedankengut, eröffnet neue Perspektiven, begünstigt die Unternehmensidentifikation und steuert unternehmerische Kompetenzen.

Kultur wirkt sinnstiftend und leistungssteigernd
Dr. Ulrich Reinhardt von der Stiftung für Zukunftsfragen prognostiziert eine Verdoppelung des Kulturinteresses in Österreich bis 2020. Eine ähnliche Tendenz zeichnet sich in anderen deutschsprachigen Ländern ab. In einer europaweit angelegten Studie über Zukunftserwartungen zeigte sich, dass Kultur etwas Sinnstiftendes sein kann, von dem immer höhere Bildungsschichten, die nach vorne kommen, älter und erfahrener werden, profitieren wollen. Deshalb würde künftig das Kulturinteresse zu- und die reine Unterhaltung abnehmen. Was für Privatpersonen gilt, gilt für Unternehmen genauso. Anregung des Geistes, der Empfindungen, Aufgeschlossenheit, Kreativität all diese Faktoren wirken motivierend, sinnstiftend, verhindern ein Abgleiten in den Trott der Monotonie, halten lebendig, fordern und fördern neue Fähigkeiten, verändern den Standpunkt, ermöglichen neue Betrachtungsweisen. Sie können helfen, eingefahrene, aber längst überholte Praktiken und Strukturen in Frage zu stellen und zu überwinden. Oder, um mit den Worten Jan Teunens, eines renommierten Unternehmensberaters, zu sprechen: Kunst beschleunigt das Entstehen einer echten Unternehmenskultur, das heisst, Kunst trägt dazu bei, dass im Unternehmen ein Gleichgewicht entsteht zwischen wirtschaftlicher und ethischer Verantwortung. Darüber hinaus trägt sie zur Identitätsstiftung bei und motiviert die Mitarbeiter.

Manche Unternehmen sind sich über die positiven Auswirkungen künstlerischer Aktivitäten durchaus bewusst und nutzen diese aktiv. Ausfälle durch Krankheiten, Burnouts, Unzufriedenheit am Arbeitsplatz alles dies verursacht hohe Kosten für die Arbeitgeber. Die Beschäftigung mit Kunst und Kultur birgt offensichtlich ein hohes positives Potenzial. Doch nur wenige Unternehmen machen sich dieses zu Nutze, indem sie bewusst künstlerische Aktivitäten mit ihrem Mitarbeitern durchführen. So äusserte sich ein Unternehmen, das Dagmar Frick-Islitzer im Rahmen einer Umfrage im Schweizer und Vorarlberger Rheintal durchführte: Ich kenne Studien, die belegen, dass Menschen immunstärker sind, wenn es ihnen gut geht, wenn sie glücklich sind. Das ist eine Korrelation. Wenn man Kunst und Kultur als Bestandteil des Glücks und der Ausgewogenheit definiert, so stimmt die Studie. Das muss aber jeder Mensch für sich entscheiden. Den Mitarbeitern das Gefühl zu vermitteln, dass sie mehr sind als eine arbeitende Nummer, hat einerseits bestimmt einen positiven Einfluss auf die Gesundheit, andererseits binden gute Gefühle und entsprechende Rahmenbedingungen den Arbeitnehmer an ein Unternehmen. Letztendlich hat jedes Unternehmen solche Bestrebungen. Jeder Weggang eines Mitarbeiters ist ein Verlust für ein Unternehmen. Wissen, Loyalität, Beziehung gehen verloren.. Das Unternehmen zeigt sich diesem Bereich sehr offen und fortschrittlich gegenüber, der Nutzen von Kunst und Kultur wird klar erkannt und sukzessive ins Unternehmen integriert:
Wir wissen, dass es gute zehn Jahre für einen Kulturwandel braucht. Wir sind jetzt dabei, die Themen Kunst, Kultur, Nachhaltigkeit, Soziales(...)in Schulungen für unsere Mitarbeiter zu integrieren.

Kultur für und mit der Wirtschaft praktisch umgesetzt
Durchgeführte Projekte wie Living Electronics, ein Kulturprojekt zur Vertiefung von Unternehmenswerten zeigten eine nachhaltige Wirkung. Eine Namens- und Führungsänderung des Unternehmens zog etliche Anpassungen nach sich, u.a. auch im Leitbild. Die Berufsbildung reagierte darauf mit einem Kulturprojekt. Drei Tage erprobten Lernende das Firmenleitbild und seine Werte mit künstlerischen Mitteln. Konkret sah das wie folgt aus: Die Teilnehmenden suchten Personen und Figuren aus, die sie faszinierten und die mindestens einen Wert des Firmenleitbildes verkörperten. Sie wählten zum Beispiel Einstein, Newton, Medusa, Samurai, Sumo-Ringer, Spiderman, Fee. Dann gestalteten sie entsprechende Kostüme und setzten sich selbst in Szene. Ausgangsmaterial waren Gegenstände und Gebrauchsmaterialien, die täglich in der Firma benutzt werden, deren Alltagsfunktionen sie jedoch hinterfragten, veränderten und zu neuem Leben erweckten. Kabel mutierten zu Haarschmuck, Klebebänder verselbständigten sich und einer Teilnehmerin wuchsen tatsächlich Flügel. Dann schrieben die Lernenden ein Stück, in der jede/r eine Rolle hatte. Daraus entstand eine 20-minütige Performance mit Video und Live-Musik-Einlagen, von den Lehrlingen gezeigt vor Firmenmitgliedern, Eltern und jungen Interessierten. Was war für Dich am Spannendsten? Der angehende Physiklaborant meinte: Wir waren wirklich innovativ! Und wir haben uns als ein Team erlebt, weil wir alle super zusammen gearbeitet haben. Das war eine tolle Erfahrung. Eine junge Teilnehmerin schilderte: Der Workshop ist etwas ganz anderes als der Betriebsalltag. So habe ich eine andere Seite von mir ausleben können. Zwei Kauffrauen waren sogar überzeugt: Wir sind über unsere eigenen Grenzen hinausgewachsen. So ein Projekt sollte es jedes Jahr geben. Mit diesem Kulturprojekt erreichte die Berufsbildung nicht nur, dass sich ihre Lernenden intensiv mit Leitbildwerten beschäftigen und ihre Auftrittskompetenzen festigten, sondern sicherte sich innerhalb des Unternehmens eine Aufmerksamkeit und einen höheren Stellenwert.

In einem eintägigen Leadership Workshop setzten sich Führungskräfte konkret und vertieft mit Führungswerten auseinander. Zur nachhaltigen Um- und Auseinandersetzung wurde bewusst der Ansatz, Gedanken- und Gestaltungsprozesse mit kulturellen und künstlerischen Aspekten zu verbinden, gewählt. Die Ausgangslage zeigte sich in einer neuen Führung, bestehenden und frischen Leitungspersonen, ambitiösen Strategie und klaren Zielvorgaben. Am Ende des Tages sollten die Führungswerte durch Nachdenken, Selbsterfahrung und Austausch in der Führungscrew verinnerlicht worden sein. Nach einer Einführung in den Wertewerdungsprozess des Menschen klärten die Führungskräfte Bezüge zu eigenen Werten, aber auch zu persönlichen Führungswerten, die dann in Gruppen in aufeinander abgestimmten Vertiefungsstufen konsolidiert wurden. Dann ging es an die kreative Umsetzung ihrer persönlichen Führungswerten und derer des Unternehmens. Dafür standen Holz in verschiedenen Längen und Grössen, Werkzeuge, Befestigungsmaterialien sowie Farben zur Verfügung. Durch die Gestaltung wurden Werte visualisiert und erfahrbar gemacht. Die Krönung bestand darin, alle Werke zu einem gemeinsamen Ganzen zu verbinden. Die Aufgaben lösten tiefgehende Diskussionen aus, die den einzelnen Führungspersonen genauso wie das Team betrafen. Daraus leiteten sie konkrete Handlungsfelder und Massnahmen für ihren Führungsalltag ab. Eine Führungskraft resümierte: Ich würde gerne in meinen Alltag mehr Kreativität einbringen, um noch zielgerichteter arbeiten zu können. Für einen anderen Teilnehmer war es spannend, wie man in einer Kleingruppe unter Berücksichtigung verschiedener Stärken und Schwächen der Teilnehmer ein grossartiges künstlerisches Werk zustande bringen konnte, während eine Teilnehmerin den Firmennutzen auf den Punkt brachte: Leidenschaft setzt Kreativität frei und fokussierte Kreativität bringt uns als Firma weiter. Um den Werteprozess im Unternehmen nach unten zu bringen und auf der operativen Ebene zu verankern, wurde beschlossen, dass Vorgesetzte der nächsten beiden Hierarchiestufen einen verkürzten Kulturworkshop durchlaufen sollten.

Auftanken durch kreatives Tun
Kreativ-Workshops beinhalten eine sinngebende Komponente. Sie können Menschen ermutigen, ihre markt- und leistungsorientierte Lebenswelt durch einen künstlerischen Gegenpol zu durchbrechen und auf diese spielerische Weise Lebenselan, Sinn, Offenheit und persönliche Wertschätzung zu erfahren. Eigenes Gestalten entspannt, regeneriert und schafft einen idealen Ausgleich zum anstrengenden Berufsalltag. Was passiert konkret in den Kreativkursen? Auf eine kurze Einführung in Techniken wie Acrylmalerei, Collage, Keramik, Papierschnittkunst folgen Einstiegsübungen, die Entspannung, Loslassen und Geschehenlassen fördern. Die Übungen können kreatives Visualisieren, intuitives Zeichnen, Gestalten mit Ton, Zen-Painting, aktives Imaginieren oder körperliche Bewegungen beinhalten. Nachher gestalten die Teilnehmenden ihre persönlichen Werke im eigenen Tempo. Dass sie dabei zur Ruhe kommen ist wichtiger als das Endresultat.
Wenn Menschen sich auf diese Übungen einlassen, fühlen sie sich meist entspannt und bereichert. Rückmeldungen der Teilnehmer reichen von Abschalten vom beruflichen Alltag, Erholung, Zurückkehren von Energien, Zusammengehörigkeitsgefühl bis hin zu Freude, Glück und Gelassenheit. Die dadurch freigesetzte Kreativität ist nicht nur die Basis für ihr weiteres, eigenes Gestalten, sondern unterstützt sie in verschiedenen Lebens- und Berufsbereichen. Schöpferischer Ausdruck fördert auch die berufliche Kreativität. Und während der Kreativ-Workshops ergeben sich ungezwungene Gespräche: Mitarbeitende lernen sich besser und von einer andern Seite kennen - das fördert die Zusammenarbeit im Betrieb. Eine Teilnehmerin ist überzeugt, dass solche Kreativ-Workshops genau die richtige Abwechslung zum stressigen Alltag sind und somit einen Beitrag zur seelischen Gesundheit leisten.

Dagmar Frick-Islitzer kommt von einer 25-jährigen Berufstätigkeit in der freien Wirtschaft zur Kulturvermittlung. Sie weist eine kaufmännische und künstlerische Ausbildung, profunde Kenntnisse in der Erwachsenenbildung sowie langjährige Erfahrung im Marketing, Produkt-, Projekt- und Kulturmanagement verschiedener Industrie- und Kulturunternehmen auf. Im Jahr 2006 gründete Dagmar Frick-Islitzer das Unternehmen kubus Kulturvermittlung. und bietet Kulturprojekte und Kreativ-Workshops für Unternehmen, Konzeption und Kommunikation von Ausstellungen sowie Dienstleistungen im Kulturmarketing an.

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