25.03.2012

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Autor*in

Dirk Heinze
Buchrezension

Kulturbranding III. Positionen, Ambivalenzen, Perspektiven zwischen Markenbildung und Kultur

Der dritte Band der Reihe "Kulturbranding" sensibilisiert für die Bedeutung des Themas Markenmanagement und den Anspruch, "Branding" im Kunst- und Kulturbereich tatsächlich umzusetzen.
 
Kai-Uwe Hellmann vom Institut für Kulturwissenschaften der Uni Leipzig gehört durchaus zu den Skeptikern, die dem Kulturbereich im Gegensatz zur Wirtschaft eine eigene Logik zusprechen, sie für zu komplex und plural, daher auch wenig standardisierbar hält. Er beklagt im vorliegenden 3. Band der Kulturbranding-Reihe eine mangelnde systemtheoretische Beschäftigung der Betriebswirtschaft mit dem Phänomen. Folgerichtig unternimmt er den Versuch, diese Verbindung - ausgehend von der Systemtheorie Niklas Luhmanns - herzustellen. Der Autor gibt sich nicht zufrieden mit Erklärungsversuchen von Wissenschaftlern wie Franz-Rudolf Esch, die bei Marken von "Vorstellungsbildern in den Köpfen von Anspruchsgruppen" sprechen. Er hofft auf belastbare, weniger psychologisch gedeutete, sondern beobachtbare Erklärungen.
Spannend am Aufsatz Hellmanns ist sein unablässiges Hinterfragen: wie z.B. "das Marketing kompensiert, was es unmittelbar nicht erreichen kann: Die gewünschte Verhaltenskonformität der jeweils umworbenen Kunden" (Seite 21). Oder wie Kunden schwache Marken wahrnehmen. Erkenntnisse gewinnt der Leser auch bei Passagen, die das Verhältnis zwischen Unternehmen und Kundschaft unmittelbar beschreiben. Nach Hellmann "handelt es sich um ein spezifisches Erwartungsbündel, bestehend aus Zeichen, Symbolen, Namen, Narrationen etc., das beide Seiten immer stärker aneinander bindend, und das eine erstaunliche, mitunter äußerst enttäuschungsresistente und leidensfähige Stabilität besitzt" (S. 24). Das lässt aufhorchen insofern, als das damit für Kultureinrichtungen, die eine starke Marke etablieren konnten, sich auch Fehler leisten können, ohne gleich beim Publikum dauerhaft dafür bestraft zu werden. Gerade für einen innovativen Kunstbetrieb, der ausprobiert, neue Formen oder neue Werke vorstellen möchte, dürfte dies umso mehr ein Ziel sein.
Warum der anschließende Beitrag von Dirk Baecker - wohlgemerkt ein Sozial- und Kulturwissenschaftler aus Deutschland - auf englisch abgedruckt wurde, erschließt sich nicht. Schließlich wird sich kaum ein Käufer aus den USA oder England allein wegen dieses Beitrags finden, zumal das Buch praktisch nur national vertrieben wird. Für den einheimischen Leser stellt dies angesichts einer ohnehin anspruchsvollen Schreibweise Beckers eine unnötige Hürde dar. Dabei hätten wir gern verstanden, was Baecker mit "Culture Switch" meint. Ausgerechnet bei diesem Beitrag fehlt zudem das abstract zu Beginn, während andere Beiträge zumindest in deutsch, häufig auch in englisch zusammengefasst werden.
Dafür versöhnt anschließend Karen van den Berg mit einer singulären Betrachtung widerständiger Kulturtechniken. Dabei sind subversive Praktiken gemeint, die auch im Kulturumfeld bewusst auf Branding setzen, um Aufmerksamkeit zu erzielen Hier bezieht van den Berg dankenswerter Weise Erfahrungen und Phänomene aus Europa wie den USA gleichermaßen ein, so die Adbuster-Bewegung (www.adbusters.org) oder die Kampagne "Not in our Name, Marke Hamburg!".
Nachdem der erste und zweite Band der Kulturbranding-Reihe Grundlagen für die Thematik bereitstellte, kommt im dritten Band verstärkt der Managementnachwuchs zu Wort. Die Beiträge von Nicola Bünsch, Antje Kohlrusch, Katharina Horn und Sebastian Steinert widmen sich Markenbildungsprozessen in Theater und Bildender Kunst - kommen insofern auch dem Wunsch der Rezensentin des zweiten Bandes, Claudia Stemberger, nach Erweiterung des Blickwinkels nach. Aber auch dieser vorerst letzte Band der Reihe bleibt dem wissenschaftlichen Zugang zur Materie treu, ist keine Praxisanleitung zur Entwicklung von Marken im Kulturbetrieb oder gar ein Nachschlagewerk.
Dennoch sensibilisieren alle drei Fachbücher für die Bedeutung des Themas und den Anspruch, "Branding" im Kunst- und Kulturbereich tatsächlich umzusetzen. Es wird deutlich, dass Kulturmarken mit Identität zu tun haben. Und gerade Kultur legt wert auf Unverwechselbarkeit. So gewinnt man womöglich eher Sympathisanten für die Thesen der jeweiligen Autoren, als in der Managementliteratur, die gern von Kulturschaffenden als nicht passend für ihren Bereich angesehen wird. Stefanie Rathke bezeichnete dies im 2. Band einmal als "übergestülpte Betriebswirtschaftslehre" und betonte umso mehr die Spezifika des Kulturbereichs, gerade was Authentizität und Offenheit künstlerischer Produktion betrifft. Dies wird dennoch nichts daran ändern, dass es auch in Zukunft andere Vertreter der Marketinglehre geben wird, die den Kultursektor für nicht so völlig einzigartig ansehen, wo klassisches Markenmanagement aus der Wirtschaft nicht beim Kunden verfängt. Hier sei beispielsweise an das Kulturmarketing-Buch von Uwe Manschwetus oder die Markenmanagement-Handbücher eines Heribert Meffert oder Manfred Bruhn erinnert. Erst die Essenz einer kombinierten Lektüre, so denken wir, dürfte den Kulturmanager beim Thema Branding auf die Erfolgsspur setzen. Vor allem aber ist ein ganzheitlicher Ansatz wichtig, der neben einer Marken- und Marketingstrategie nicht andere Bedingungen für erfolgreiche Kulturorganisationen vergisst. Nichts wäre schlimmer, als wenn sich hinter aufgeputzten Marken schlechte Inhalte, marode Finanzen, mangelnder Service oder unmotiviertes Personal verbergen.
***
Steffen Höhne, Nicola Bünsch, Ralph Philipp Ziegler (Hg.): Kulturbranding III. Positionen, Ambivalenzen, Perspektiven zwischen Markenbildung und Kultur (Weimarer Studien zu Kulturpolitik und Kulturökonomie, Band 7), Leipziger Universitätsverlag 2011, ISBN 978-3-86583-601-4
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